http://www.vl.no/arkiv/article3240040.ece

Von Muskelmännern aufgesucht

Johan Velten schrieb das Buch «Von Gott eingesetzt», in dem er unter anderem Züge analysiert, von denen er meint, sie erzeugten eine Versammlung, die sich blind den »von Gott eingesetzten Leitern« unterordnet. (Foto: Håvard Sæbø)

Johan Velten erlebte Morddrohungen, nachdem er ein kritisches Heft über die Leitung der Smiths Freunde verfaßt hatte. [Übersetzung: http://griess.st1.at/minner.htm, Anm. d. Übers.]. Dies erzählt er in einem neuen Buch.

Geir Ole Bjartvik
geiroleb@vartland.no

An einem Märztag des Jahres 1995 soll Veltens Frau Solveig im Büro im Zentrum Oslos von zwei jungen muskulösen Männern aufgesucht worden sein, die sagten, die «Brüder», leitende Mitglieder, hätten sie geschickt, um ihren Mann zu ermorden. Sie flüchtete von dem, was sie als bedrohende Situation erlebte. Einige Tage später tauchten die beiden Männer wieder auf, aber diesmal wurde der Sohn des Ehepaars Velten - zu dieser Zeit Elitesoldat in der Marine - mit den vorgebrachten Drohungen konfrontiert. Das Ergebnis war, daß das Duo mit den Worten verschwand: «Wir kommen wieder!»

«Von Gott eingesetzt». «Wir glaubten (natürlich) nicht, daß es wirklich die Brüder waren, die sie geschickt hatten, um mich zu ermorden. Die zwei Burschen, deren Identität wir nach und nach bestätigt erhielten, hatten einige Verhaltensprobleme, und ich konnte nicht in angemessener Weise die Gemeinde für ihre Handlungen verantwortlich machen», schreibt Johan Velten in dem neu erschienenen Buch Ansatt av Gud [Von Gott eingesetzt], (Genesis-Verlag).

Im Buch berichtet er über seinen eigenen Abschied von den Smiths Freunden vor 30 Jahren, und er bringt eine Darstellung der Entwicklung der Bewegung bis heute. Velten analysiert auch Züge, von denen er meint, sie erzeugten eine Versammlung, die sich blind den »von Gott eingesetzten Leitern« unterordnet.

Gewaltmetaphern. Auch wenn er den Gemeindeleitern die Drohungen, die er erhielt, nicht anlastet, so meint Velten, daß sie die Ursache dafür waren, was er als «kollektiven Wahnsinn» der Versammlung zu Beginn der Neunzigerjahre bezeichnet. Da erfolgte eine aufreibende Spaltung der Bewegung. Diese Periode in der Geschichte der Bewegung war von einer Verkündigung mit vielen Gewaltmetaphoren geprägt, meint Velten. Dem Verfasser zufolge war kriegerische Sprache immer ein Teil der Auferbauung und des Selbstverständnisses der Smiths Freunde.

«Es wäre unangemessen, die Leiter der Smiths Freunde für die Handlungen der Burschen, die mein Büro aufsuchten, verantwortlich zu halten.

Verantwortlich? Das wäre so, wie einen Filmregisseur für destruktive Handlungsimpulse verantwortlich zu halten, die unstabile Personen durch das Sehen ihrer Filme erfahren», schreibt Velten.

Er sucht jedoch nach «einem Minimum von Verantwortung von seiten der Leiter», z.B. durch Einführen einer Altersgrenze bei Versammlungen, bei denen Gewalthandlungen verherrlicht werden. Er schließt die Geschichte, indem er berichtet, daß der eine Drohmann später zurückrief und um Entschuldigung bat. Der Bursche versicherte, daß die Familie Velten von seiten der Betreffenden nichts mehr zu befürchten habe.

Distanziert sich:

Pressesprecher Ole Olsen von den Smiths Freunden hat Johan Veltens Buch noch nicht gelesen, aber ist sich darüber klar, daß die Gemeinde sich im Allgemeinen von Verfolgung und Gewaltanwendung distanziert.

- Eine solche Episode, auf die du dich beziehst, ist für die Haltung der Gemeinde nicht repräsentativ.

Letzte Aktualisierung: 10. Oktober 2002 08:24


Kommentar des Übersetzers:

Bereits 1993 wurde berichtet, daß ein Leiter der Smiths Freunde in Norwegen Jugendliche aufgefordert hatte, «alle Kirchen niederzureißen» (davon habe ich eine Original-Tonbandaufnahme) , und ein anderer Leiter gesagt habe, man müsse Abtrünnige ermorden. Beide haben dann nachträglich ihre Aussprüche relativiert. (http://griess.st1.at/bergen1.htm).

Meine Tochter hat über ein Jahr lang (1984/1985) Gewalttätigkeiten gegen mich verübt. Natürlich bin ich nicht der Meinung, man habe ihr gesagt : «Geh hin und hau deinen Vater», aber die aggressiven Liedertexte der «Gemeinde» (http://griess.st1.at/sflieder.htm) haben wohl das ihre dazu beigetragen. Auch als meine Frau und ich in einer Zeit, wo wir noch versuchten, mit der «Gemeinde» zu reden, diese darauf ansprachen, erhielten wir von einem prominenten Mitglied die Antwort: «Natürlich muß man seine Eltern hassen, das steht ja in der Bibel».

Ich schließe mich der Meinung Johan Veltens an, daß eine gewisse Mitverantwortung der Leiter der Smiths Freunde an solchen Vorfällen besteht. Man könnte diese auch mit «Zauberlehrlingen» vergleichen, die psychologische Mittel anwenden, über deren Auswirkungen sie sich nicht im Klaren sind oder bezüglich derer sie meinen, der Zweck heilige die Mittel. Sie sind aber leider auch nicht bereit, aus ihren Fehlern zu lernen, da sie sich, wie Johan Velten richtig titelt, für «von Gott eingesetzt» halten. Eine Warnung auch für alle anderen, die sich solches einbilden.

Friedrich Griess