Bergens Tidende - Samstag 8. Mai 1993

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Tochter von Sekte "geraubt"

Die norwegische Gemeinde Smiths Freunde wird in ihrem Kampf gegen Mitglieder, die austreten oder ausgestoßen werden, immer extremer. Die Familie Riksfjord außerhalb von Tønsberg gehört zu denen, welche die Tätigkeit der Sekte gespürt haben. Heuer im Februar verschwand plötzlich ihre 16 Jahre alte Tochter von daheim. Abends rief ein Mitglied der Smiths Freunde bei der Polizei an und erzählte, das Mädchen sei "in guten Händen". - Sie wurde gehirngewaschen und entführt, sagt Aage Riksfjord (Bild) zu Bergens Tidende. Er klagte die Sekte öffentlich an, daß sie die Familie zerstöre, und erhielt später telefonische und briefliche Drohungen , er werde noch mehrere Kinder verlieren, wenn er "nicht ganz andere Seiten aufziehe". Einer der Leiter bei den Smiths Freunden, Bernt Nilsen, gibt gegenüber Bergens Tidende zu, daß er vom Rednerpult aus vor kurzem sagte, man müsse Gegner der Erweckungsbewegung umbringen. Dies geschah bei einem Treffen in Brevik. (Seite 5)

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Bergens Tidende - Samstag, 8. Mai 1993 - Nachrichten - Seite 5

Leiter der Smiths Freunde forderte zum Mord auf

Die Smiths Freunde stehen im Kampf gegen Aussteiger und ausgestoßene Mitglieder und andere Religionsgruppen. Der Sprecher Bernt Nilsen gibt gegenüber Bergens Tidende zu, daß er bei einem Treffen in Brevik neulich davon sprach, Menschen zu ermorden, die gegen die Erweckungsbewegung arbeiten. Ein anderer Leiter sagte bei einem Jugendtreffen, von dem BT eine Bandaufnahme hat, er werde mit Jugendlichen in der Welt umherfahren und sämtliche Kirchen niederreißen.

Mehrere unabhängige Berichterstatter mit guten Kenntnissen über die Smiths Freunde fürchten nun Mord und Kirchenzerstörung als Folge der Aussprüche dieser wichtigen Personen gegenüber den Mitgliedern der Gemeinde.

Bandaufnahme von den Treffen der Smiths Freunde zeugen davon, daß die Sprecher sehr damit beschäftigt sind, daß viele seit dem Beginn der Erweckungsbewegung im Jahre 1991 die Gemeinde verlassen haben. Die Gegner werden als "lebensgefährlich" und "voll vom Teufel" charakterisiert. Die Brüder (Gemeindeleiter und Gemeindemitglieder) werden hingegen so dargestellt: "sehr großartig, ja, über alles in der Welt...klage sie niemals an".

Wurde von Wut ergriffen

Wenn man zu den Smiths Freunden gehört, soll man niemals negativ oder kritisch sein, und gerade die Kritik ist es, welche der Ausgangspunkt für Bernt Nilsens aufsehenerweckende Aussprüche war, die von Kindern und Erwachsenen gehört wurden.

Nilsen erklärt der Bergens Tidende, daß seine Wort fielen, als der Sprecher vor ihm über König David sprach und wie die Bundeslade zu seinem Haus gebracht wurde. Nilsen wurde sehr von der Geschichte ergriffen, wie David ganz in den Wolken war und vor Gott tanzte - und darauf von Mikal deshalb kritisiert wurde.

- Das war es, was mich sehr aneiferte. Und da sagte ich soetwas ... Das war ja von sehr untergeordneter Bedeutung, gerade die Worte, die da fielen. Ich habe das bei einem späteren Treffen richtiggestellt.

Nimmt die Worte zurück

- Welche Worte stelltest du richtig ?

- Ich sagte, daß ich, wenn ich soetwas höre, wie wir es von dem Redner hörten, der vor mir gesprochen hatte - ja also, das kommen einem Gedanken ... auch, daß man jemand ermorden könnte.

- Daß man Menschen auch ermorden könnte. welche gegen die Erweckung arbeiten ?

- Ja. das schrecklich Negative, dem man begegnet, nachdem man wirklich Prachtvolles geleistet hat. Das war es.

- Wie stelltest du deine Worte bei einem späteren Treffen richtig ?

- Man denkt ja darüber nach, was man gesagt hat. Ich sagte, die Worte über das Morden, die nehme ich zurück - das stimmt überhaupt nicht. Aber der Eifer, der mich packte, der war soweit in Ordnung.

Bernt Nilsen zufolge waren 200 Zuhörer bei dem Treffen zugegen, bei dem er über das Morden sprach. Es soll ein normales Sonntagstreffen gewesen sein.

Weist das Risiko des Mordens zurück

- Siehst du eine Gefahr, daß die Leute von dem, was du sagtest, so ergriffen wurden, daß sie recht und schlecht hingehen und jemanden ermorden könnten ?

- Nein. Ich habe keine Angst, daß dies geschieht. Absolut nicht.

- Waren dieselben Leute vom ersten Treffen anwesend, als du deine Worte richtigstelltest ?

- Nicht ganz so viele Kinder, aber die Eltern der Kinder waren da, sagt Bernt Nilsen zu Bergens Tidende.

Besorgte Aussteiger

Mehrere von denen, die sich von den Smiths Freunden zurückgezogen haben, befürchten, daß die Anhänger nun auf Grund von Nilsens Aufforderung, Gegner der Gemeinde zu ermorden, Ungesetzlichkeiten begehen könnten.

- Auch wenn er sagt, er ziehe seine Worten zurück, so gibt es doch Leute bei den Smiths Freunden, die so gehirngewaschen sind, daß sie doch imstande wären, Gegner zu ermorden, sagen mehrere unabhängige Informanten zu Bergens Tidende.

Ein anderes Beispiel einer Aussage, welches die Aussteiger besorgt macht, und das in den Mitgliedern den Wunsch erweckt haben soll, in der Welt herumzufahren und Kirchen niederzubrennen, ist eine Rede, welche vor etwa 7000 Jugendlichen auf dem Versammlungsplatz Brunstad am Silvesterabend gehalten wurde,

Jugendliche sollten "die Kirchen niederreißen"

Eine der Hauptfiguren bei den Smiths Freunden, Sverre Riksfjord, sprach bei dem Treffen am Silvesterabend unter anderem über Leute, welche die Gemeinde ermahnen, und sagte gemäß einer Bandaufnahme von dem Treffen:

- Es ist ungeheuer schön, im Krieg mit dabei zu sein. Und mit der Schar, die Gott in diesen Zeiten errichtet hat. Ja, wenn ich zum Beispiel einen oder zwei Autobusse von diesen Jugendlichen hier mitnehmen könnte, so würde ich in der Welt herumfahren und jede einzelne Kirche niederreißen ...(Pause, und Raunen unter den Zuhörern, bevor er fortsetzt) ... geistlich gesprochen. Einen Volltreffer gegen all die Religiosität. Und das wird geschehen, in nicht allzuferner Zukunft. Und was werden wir dann als allererstes rufen ?

"Halleluja!" (rufen die Jugendlichen).

" Noch einmal !"

"Halleluja !" (die Zuhörer rufen noch lauter, bevor der Redner fortsetzt).

Freude über die Jugend

"Freu dich darüber - steht da. Himmel und Prophet, steht im Lied. Und kannst du dich nicht freuen, wenn die Jugend hier steht und gegen Babylon und das Hurentum singt. Da wirst du angesteckt ! Das ist ein Ding . Du mußt dich freuen, wenn all das Hurentum seine Strafe erhält.

Etwas später sagt er:

"Wir müssen damit rechnen, von den Menschen verworfen zu werden, aber dann sind wir für Gott auserwählt" und "Wir sind nicht von der Welt. Wir haben ein anderes Reich".

Die Informanten von Bergens Tidende reagieren kräftig auf die Rede von Riksfjord und warnen:

- Wenn wir davon ausgehen, daß die Smiths Freunde meinen, daß die Kirche das Hurentum und etwas Schreckliches ist, und man sich erinnert, daß Jugendliche durch einen Mann, zu dem sie fast wie zu einem Gott aufschauen, leicht zu beeinflussen sind, dann ist es gefährlich, wenn solche Aussagen erfolgen.

Bergens Tidende hat vergeblich versucht, mit Sverre Riksfjord wegen eines Kommentars in Kontakt zu kommen.

Monica Haugstad

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Familien werden gespalten

Die Familie Riksfjord außerhalb von Tønsberg ist eine der vielen Familien, die infolge der Entwicklung bei den Smiths Freunden völlig gespalten ist. Die Zehnkinderfamilie zog sich aus der Bewegung zurück, nachdem diese eine immer extremere Richtung verfolgte. Im heurigen Februar verschwand plötzlich die 16-jährige Cecilie Riksfjord unerwartet von daheim. Am selben Abend rief ein Mitglied der Smiths Freunde bei der Polizei in Tønsberg an und sagte, das Mädchen sei "in guten Händen".

Dies geht aus einem Dokument der Kinderschutzwache bei der Polizei hervor. Der Mann, der anrief, war Cecilies Großvater mütterlicherseits, welcher der Gemeinde angehört.

In einer schon bisher gespaltenen Verwandtschaft entstand nun nach der Entführung fast ein Krieg zwischen den Eltern, den Großeltern und anderen Verwandten. Und die 16-jährige blieb in der Schußlinie zwischen den Glaubensfraktionen stehen.

Cecilies Großvater behauptet im Telefongespräch mit der Kinderschutzwacht, daß das Mädchen daheim unter Druck stand. Cecilies Vater, Aage Riksfjord, fürchtet seinerseits, daß die Erweckung der psychischen Gesundheit der Tochter schadet.

Drohungen und Terror

Die Verzweiflung der Eltern nach der Verschwinden war groß. Sie ahnten nicht, wo das Kind sein könnte. Nach und nach wurde klar, daß das Mädchen bei der Familie seiner Tante in Fredrikstad wohnte und sich weigerte, wieder nach Hause zurückzukehren.

- Sie wurde gehirngewaschen und entführt, sagt Aage Riksfjord zu Bergens Tidende.

Dies sagte er auch, als er kurz nach dem Verschwinden der Tochter in Tønsbergs Blad darüber berichtete. Auch damals klagte er die Smiths Freunde an, für die Familientragödie verantwortlich zu sein. Der Zeitungsbericht hatte Folgen:

- Damit begannen Drohungen einzulangen. Als Telefonterror und brieflich, sagt Riksfjord und zeigt ein anonymes Schreiben vor, dessentwegen die Anzeige bei der Polizei erstattet wurde.

Anzeige beim Staatsanwalt

Der Brief enthält Drohungen, über ihn Gerüchte in der Nachbarschaft und bei der Kinderschutzwache zu verbreiten, sodaß er seine zehn Kinder verlieren würde, wenn er "nicht ganz andere Seiten aufziehe".

Die Anzeige bezüglich der Drohungen hatte vorläufig keine Folgen. Die Polizei in Tønsberg verweist auf die Schweigepflicht und will Bergens Tidende überhaupt nichts darüber verraten, wie die Angelegenheit behandelt wird. Zufolge Riksfjord wurde die Angelegenheit inzwischen aufs Eis gelegt. Danach erhielt Riksfjord eine Mitteilung, wer diesen Brief geschrieben haben soll.

Da nun die Polizei nichts mehr unternahm, forderte er vor ein paar Monaten die Übertragung der Angelegenheit an den Staatsanwalt. Zufolge Riksfjord hat die Polizei die Beschwerde noch immer nicht an den Staatsanwalt weitergeleitet. Die Polizei will dazu keinen Kommentar abgeben.

Viele schwere Schicksale

Riksfjord ist mit seinem schmerzvollen Erlebnis der Familienspaltung als Folge der Erweckungs-Revolution bei den Smiths Freunden nicht allein. Bergens Tidende war mit mehreren Informanten in Kontakt, die über schmerzvolle Ereignisse berichten.

Zum Beispiel, daß ein Großvater übersieht, daß sein kleiner Enkel ihn grüßt. Es sind Eltern, die auf den Zehenspitzen gehen, um eine Spur von Kontakt mit deren ihrer Kinder zu behalten, die in der Erweckungsbewegung sind. Es sind Leute, die sich verstecken, um nicht zusammen gesehen zu werden, und Eltern und Geschwister, die jeden Kontakt mit ihrem Kind verloren haben, usw., usw.

Befürworten Scheidung

Mehrere behaupten außerdem, daß die Smiths Freunde nun von ihrem klaren Widerstand gegen Scheidungen Ausnahmen machen und die Bewegung sich nun direkt um die Scheidung von Eheleuten bemüht, wenn der eine Teil gegen die Erweckung Widerstand leistet.

Bandaufnahmen, welche Bergens Tidende von Versammlungen der Smiths Freunde hat, decken unter anderem diese Haltung gegen jene Mitglieder der Bewegung auf, die sich gegen die neue Erweckung ausgesprochen haben:

"Wir werden mit vollem Namen und Adresse warnen. Vor dem oder der mußt du dich hüten. Der ist lebensgefährlich, komm nicht näher !... Ihr sollt nicht einmal gemeinsam essen. Warnungen müssen wir entgegennehmen und wir müssen sie geben".

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Fakten über die Smiths Freunde

Die Smiths Freunde sind eine fundamentalistische christliche Freigemeinde, die nach eine Offenbarung um das Jahr 1900 von Johan Oskar Smith Gegründet wurde. Seit 1976 ist Sigurd Bratlie der oberste Leiter.

Die Gemeinde ist über die Grenzen Norwegens hinausgewachsen und ist nun in 25 Ländern vertreten. Die Anzahl der Mitglieder am Ende der Achtzigerjahre wir mit 7000 geschätzt.

1991 begann eine Erweckung mit dem Enkel des Gründers, Kåre Smith, in einer zentralen Rolle. Die Erweckung hatte Spaltungen und Streit zur Folge, und zwischen 400 und 1000 sollen die Gemeinde verlassen haben. Die Erweckung führte unter anderem zu lebendigeren Gemeindetreffen, in denen die Mitglieder nun im Gegensatz zu früheren ruhigeren Formen laut sein dürfen und die Arme in der Anbetung Gottes erheben.

Nun wird Kåre Smith als Kronprinz für die Leitung betrachtet. Viele sehen in ihm den, der in der Bewegung die eigentliche Macht hat.

Die Frauen bei den Smiths Freunden ziehen keine Hosen an, schneiden ihre Haare möglichst nicht und sollen nach der Bibel dem Manne untergeordnet sein. Die Smiths Freunde erlauben keine Prävention und Familien mit rund zehn Kindern sind nicht ungewöhnlich. Die meisten Frauen arbeiten daheim, wenn sie Kinder geboren haben.

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(Bildtext:) Verlor die Tochter. - Die Smiths Freunde haben meine 16-jährige Tochter gehirngewaschen und entführt, sagt Aage Riksfjord. Sein 19-jähriger Sohn ist auch in der Bewegung dabei. Hier ist er zusammen mit zweien seiner acht Kinder zu sehen, die er noch hat, Sonja (2) und Eunike (15). Foto: Marit Borgen, Tønsbergs Blad.

Übersetzung: Friedrich Griess