Trouw, 15. Dezember 2001:

Stockschläge und Schmierseife normal bei den Norwegischen Brüdern

ALMELO (ANP) - Ein ehemaliges Mitglied der streng-christlichen Erweckungsbewegung Noorse Broeders [Norwegische Brüder] hat bei der Polizei in Twente Anzeige wegen Kindermißhandlung in dieser religiösen Strömung erstattet.

Hin und wieder tauchen unwahrscheinliche Geschichten über Vorgänge in dieser in sich gekehrten Sekte auf (in den Niederlanden 2500 Mitglieder), mit starken Erwartungen eines tausendjährigen Reiches mit viel Israel darin und sie selbst als die Auserwählten. A. Venema (34) sagt, daß er, ebenso wie etwa zehn andere Anhänger, in seinen Kinderjahren im Auftrag der geistlichen Leiter der Norwegischen Brüder im Namen Gottes gezüchtigt wurde. Der Vorsteher und Sprecher der Norwegischen Brüder, Staal, widerspricht der Anzeige.

Der Almeloër ist vor acht Jahren aus der Bewegung ausgetreten und hat erst jetzt den Schritt zur Anzeige unternommen. "Aus Angst vor Repressalien" sagt er. "Als ich unlängst mit einem anderen Opfer ins Gespräch kam, beschloß ich, meine Geschichte zu erzählen. Ich wurde systematisch mißhandelt. Stockschläge als körperlich Strafe waren ganz normal."

Venema sagt, daß die Eltern während der Zusammenkünfte aufgerufen wurden, ihre Kinder dadurch auf dem rechten Pfad zu halten, daß sie ihnen körperliche Strafen verabreichen. Er selbst bekam diese wöchentlich. "Und wenn ich ein 'schlechtes' Wort sagte, bekam ich minutenlang Schmierseife in den Mund. Ich war mehrmals soweit, daß ich Selbstmord begehen wollte."

Venema sagt inzwischen, er habe Verbindung mit zehn anderen Opfern und indirekt mit etwa zwanzig weiteren. "Ich weiß, daß es mißhandelte Kinder gibt, die tatsächlich Selbstmord verübt haben." Venema hat bei der Polizei die geistlichen Leiter angegeben. Es geht vor allem um die Periode bis Ende der Achtzigerjahre. Seine Eltern haben ihn um Verzeihung gebeten. Für Venema ist das ausreichend. "Aber die verantwortlichen Leiter betrachte ich als die echten Schuldigen. Die müssen angepackt werden."

Venema hatte inzwischen ein Gespräch mit einem der Leiter geführt. "Man versucht alles zu bagatellisieren und ruft dazu auf, nicht zurück zu blicken, sondern den Blick auf die Zukunft zu richten." Vorsteher Staal von den Norwegischen Brüdern: "Ich bin 52 Jahre alt. Was damals geschah, war vor meiner Zeit. Wenn Venema meint, daß ihm und anderen Anhängern Unrecht geschah, dann ist es ausgezeichnet, daß er Anzeige erstattet".

Die Polizei in Twente wird Venema zu einem Gespräch vorladen und das Ergebnis dem Ministerium für öffentliche Angelegenheiten vorlegen. Möglicherweise ist ein Teil der Anklage verjährt. Venema möchte die ganze Organisation der Glaubensgemeinschaft durchleuchtet sehen.

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