Zeitschrift für Theologie und Kirche 2/1987

"Smiths Freunde"

- Einblick in die Entstehung und Eigenart einer norwegischen Freigemeinde

von Audun Erdal

Einleitung

Wenn man auf Leute aus der Gemeinde der "Smiths Freunde" stößt, so merken die meisten, daß diese einer Freigemeinde angehören müssen. Ihre Frisur, ihre Kleidung und ihre große Kinderschar verrät sie. Viele haben sich gewundert, was sie vertreten, aber sehr wenige kennen ihren Ursprung und ihre Eigenart.

Diese Gemeinde wurde in Norwegen wenig beachtet. Abgesehen vom Beitrag von Nils Bloch-Hoell in dieser Zeitschrift im Jahre 1956 gibt es wenige schriftliche Arbeiten, außer einigen polemischen und irreführenden Darstellungen von geringem Wert .

Die Gemeinde hat ein esoterisches Gepräge und ist wenig daran interessiert, sich selbst darzustellen. Deshalb liegt sozusagen ein dunkler Schleier über der Gemeinde. Die daraus folgende Unwissenheit ließ eine Anzahl von verschiedenen Gerüchten entstehen, und viele primitive Witze kursieren im Volksmund. Gedruckt kam dies zur Geltung im anarchistischen Organ "Straßenzeitung" Nr. 5 - 1982 . Nun ist dies ein wenig seriöses Blatt, das man nicht allzu wichtig nehmen darf. Interessant ist jedoch, daß man auch in solchen Kreisen auf die Gemeinde aufmerksam wurde.

In Westdeutschland trat die Gemeinde so ins Licht der Öffentlichkeit, daß Kurt Hutten ihr ein eigenes Kapitel in seinem Buch aus dem Jahre 1956, "Seher, Grübler, Enthusiasten" widmete.

"Smiths Freunde" befinden sich heutzutage im Wachstum. Es gibt örtliche Gemeinden in den meisten europäischen Ländern. Außerdem haben sie außerhalb Europas in allen Kontinenten Fuß gefaßt. Darin liegt eine Herausforderung an uns im "Mutterland" der Gemeinde, uns näher mit ihrer Entstehung und Eigenart zu befassen.

Die Quellen dieser Darstellung sind in erster Linie die Schriften, welche die Gemeinde selbst herausgegeben hat. Danach mündliche Quellen aus Gesprächen mit dem Leiter Sigurd Bratlie und viele anderen der "Smiths Freunde". Viele Informationen erhielt ich auch durch die Teilnahme an ihren Versammlungen, Festen und Konferenzen.

Der Name "Smiths Freunde" ist nicht offiziell. Sie wünschen ihren Namen an keinen anderen als an den Namen Jesu zu binden . Sie nehmen es passiv hin, daß Außenstehende sie "Smiths Freunde" nennen, während sie selbst die Bezeichnung "Gemeinde" oder "Freunde" verwenden.

Ich möchte mit diesem Artikel einen Beitrag leisten zur Beleuchtung eines wenig beachteten Feldes innerhalb der norwegischen Konfessionskunde. Ich will versuchen, hinter die Gerüchte und äußeren Charakteristika einzudringen und einen Schimmer von der Entstehung und ersten Entwicklung der Gemeinde zu geben und außerdem etwas von der Eigenart dieser Freigemeinde zu zeigen. Gleichzeitig hoffe ich, zu weiterer theologischer Arbeit anspornen zu können.

1. Entstehung und erste Entwicklung

1.1

Johan Oskar Smith wurde in Fredrikstad am 11. Oktober 1871 geboren. Seine Eltern, Johanne und Christian Smith, waren gläubige Menschen und gaben den Kindern ein solides christliches Erbe von daheim mit . Im Alter von 15 Jahren ging J. O. Smith zur See. Er legte die Unteroffiziersprüfung und die Steuermannsprüfung ab und trat 1889 der norwegischen Marine bei . Auf See erlebte er einen Kampf zwischen dem weltlichen Seemannsleben und den Werten und dem Milieu, die er von daheim in sich trug.

J. O. Smith erzählt über seine Bekehrung in einem Brief, den er im Jahre 1898 an die Eltern und Geschwister schrieb. Es war nachts, und er hatte Hundewacht an Bord des Monitors "Thor". In einem kleinen runden Turm übergab er sich Gott. Mitten in der Dunkelheit fühlte er sich plötzlich so unbeschreiblich froh, und es schien ihm, als ob er schwebe, als er an Deck gehen sollte. "Ja, Gott allein kann uns so froh machen, und er soll über alles gepriesen sein" .

Im Herbst 1900 wurde er mit dem Heiligen Geist getauft. In einem Brief vom 5. Juli 1905 schreibt J. O. Smith an seinen Bruder Aksel: "Ich bin Gott dankbar für seinen guten Heiligen Geist. Dieser lehrt mich und bereitet mich in Wahrheit. Dieser gibt mir Verständnis in geistlichen Dingen, und deshalb wird mir niemand zu stark. Ich habe das nicht von mir selbst, sondern ich sage nochmals, daß es Gottes Geist ist, der in mir ist" .

Die Zeit, die darauf folgte, benützte J. O. Smith, um eifrig seine Bibel zu lesen, und er erhielt ständig neue Erleuchtungen und neue Offenbarungen in der Schrift. "Gottes Wort ist meine ganze Lust. Ich liebe Gottes Wort so, daß ich von allen anderen Dingen für lange Zeit ganz entrückt bin" .

1.2.

J. O. Smith heiratete am 28. November 1902 Pauline Karine Pedersen, und die Hochzeit fand in Kristiansand statt .

Der Zahnarzt Aksel Smith war ein um 9 Jahre jüngerer Bruder von J. O. Smith. Im Frühsommer 1905 schrieb Aksel einen Brief an den Bruder und erzählte ihm, daß er Jesus mit "ja" geantwortet habe .

Dies machte J. O. Smith sehr froh, und es bewirkte die Aufnahme eines langen und ausführlichen Briefwechsels zwischen ihnen. J. O. Smiths hinterlassene Briefe wurden gesammelt und herausgegeben und geben einen guten Einblick in sein Denken in der ersten Zeit . Inhaltlich liegt das Schwergewicht auf Ermahnung und Beratung.

In seinem Brief vom 25. Juni 1905 schreibt Johan an Aksel: "Begnüge dich nicht damit, im Äußeren ein wenig religiös zu sein und inwendig gleich weltlich. Setze fort damit, zu Jesus "ja" zu sagen und "nein" zu dir selbst und "nein" zur Welt. Tust du dies, so wird deine Rede nur "ja" und "nein", und du weißt, daß alles andere vom Teufel kommt" .

Aksel Smith sollte einer der ganzherzigsten und zentralsten Personen in der Anfangszeit der Gemeinde werden. Er war er ein eifriger Verkünder und gab auch einige Schriften heraus . Er wirkte einige Zeit in Kopenhagen und auch ein wenig in Hamburg und in Berlin . Er starb schon 1919 in Drøbak an der Spanischen Krankheit. A. Smith hinterließ eine Frau, aber keine Kinder .

Aber außer dem Bruder sollte J. O. Smith unter seinen Kollegen in der Marine die ersten Glaubensgenossen finden. Theodor Ellefsen aus Horten arbeitete in der Marine. Er trat 1904 bei .

Ein anderer, der J. O. Smith an Bord eines Marinefahrzeuges traf, war Elias Aslaksen, 1888 geboren. Dies geschah 1908. Er war neubekehrt, aber hatte sich noch nicht zu einem sieghaften Christenleben durchringen können . E. Aslaksen wurde J. O. Smiths engster Mitarbeiter und treuer Freund. Um sich mehr seinem geistlichen Wirken widmen zu können, verließ er 1911 die Marine. Er ließ sich in Hønefoss nieder und übernahm verschiedene kleinere Arbeiten . E. Aslaksens literarisches Werk ist umfangreich und enthält viele Bücher, Kleinschriften und eine Menge Briefe .

1.3

Als J. O. Smith und die anderen Freunde verkündigten und Zeugnis gaben von dem neuen Licht, das sie erhalten hatten, stießen sie auf viel Widerstand, wohin sie sich auch wandten. Sie fanden in keiner der fest etablierten Gemeinden ein Zuhause, und sie standen in besonders scharfem Gegensatz zur Staatskirche .

Als die Pfingstbewegung im Spätherbst 1906 ins Land kam, fanden die Freunde etwas, mit dem sie übereinstimmen konnten. Aksel Smith nahm an einigen Versammlungen von T. B. Barratt in Kristiania teil.

Während seines Sommerurlaubs 1907 war A. Smith für die Pfingstbewegung unterwegs. Er reiste nach Berlin, und er erzählt, daß "viele Gläubige die Geistestaufe empfingen und in Zungen sprachen, samt Deutung" .

Der norwegische Freiprediger Erik Andersen Nordquelle hatte von Barratts Erlebnissen in Amerika gehört, und gemeinsam mit seinen Anhängern, den "Freien Freunden", war er derjenige, der mit den wenigsten Vorbehalten Barratt und die Pfingstbewegung empfing, als sie nach Norwegen kamen. Nordquelle nahm unter den Anhängern der Pfingstbewegung die Erwachsenentaufe vor. Auch J. O. Smith wurde von Nordquelle getauft. Als Smith aus dem Wasser herausstieg, bemerkte Nordquelle: "Aus dir wird nie etwas Gescheites!" . Diese Aussage ist interessant und verrät wohl etwas von den Unterschieden und Spannungen, die schon so früh zwischen J. O. Smith und seinen Freunden auf der einen Seite und der Pfingstbewegung und den "Freien Freunden" auf der anderen Seite geherrscht haben mußten.

Hingegen gab es auch in den folgenden Jahren eine gewisse Zusammenarbeit. Auf der "Großem internationalen christlichen Konferenz", welche die Pfingstbewegung im Sommer 1911 veranstaltete, wurden A. Smith und ein Aanonsen aus Kristiansand gemeinsam mit J. O. Smith und E. Aslaksen erwähnt, und alle für normale Pfingstler gehalten. Das Treffen fand in der Møllergate 38 statt, und zusätzlich zu den ausländischen Teilnehmern kamen etwa 500 von außerhalb der Stadt. A. Smith wirkte als Dolmetscher während der Konferenz, und Aslaksen war einer der Redner .

In dem Maße, als die Pfingstbewegung sich zu organisieren begann, wuchsen die Spannungen zwischen ihnen und den Brüdern Smith. Als diese beiden 1912 einen eigenen Verlag gründeten, kann man dies wohl als einen Ausdruck dafür sehen, daß sie mehrere Töne hatten, die innerhalb der Pfingstbewegung keinen Widerhall erzeugten, für die sie aber durch eigene Schriften Gehör finden wollten.

1.4

Der Gedanke, ein eigenes Blatt herauszugeben, war schon 1907 entstanden. Es sollte ein Blatt sein, wo man widerlegen, überzeugen, strafen und ermahnen könnte, und nicht ein religiöses Informationsblatt, von welchen es schon mehr als genug gab . Aber erst zu Beginn des Jahres 1912 wurde dieser Gedanke verwirklicht. Das Blatt bekam den Namen "Verborgene Schätze" und hatte Sprüche 2, 1-5, als festen Blattkopf. Das Blatt hatte 8 Seiten und erschien monatlich. In der Einleitung zur ersten Nummer steht: "Getrieben von innerem Drang und Überzeugung wird hiermit die erste Nummer von "Verborgene Schätze" ausgesandt. Wir bitten den heiligen Herrn, daß das Blatt ein Diener für die Gläubigen werde, um Licht auf die Wege zu werfen, die zu einem tieferen Gemeinschaftsleben mit unserem Herrn Jesus Christus führen. Das Ziel des Blattes ist, so die Wahrheit zu fördern, die zu Glauben und Gottesfurcht führt. Tit. 1,1." . Nach einem halben Jahr hatte die Auflage 900 Stück erreicht. .

Im April des gleichen Jahres erschien das erste Buch im Verlag "Verborgene Schätze". Es war das Buch der französischen Mystikerin Jeanne Marie de la Mothe Guyon (1648-1717): "Das Gebet, oder eine kurze und leichte Weise anzubeten" . "V.S." empfiehlt das Buch mit seinen innigen und reichen Gedanken .

Es zeigte sich, daß ein eigener Verlag große Bedeutung bekommen sollte. Die Leiter der Gemeinde konnten nun drucken lassen und mehr und mehr den Geheimnissen Ausdruck geben, die ihnen in der Schrift offenbar wurden, und sie enthüllten mehr und mehr "verborgene Schätze". Damit bekamen sie auch Gelegenheit, ihre Ansichten in dem Maß zu betonen, als sich ihr Verhältnis zu anderen Gemeinden und Glaubensgemeinschaften zuspitzte. Das monatliche Organ sollte auch für den Kontakt mit den ständig neuen Freunden überall im ganzen Lande eine wichtige Rolle spielen.

1.5

Als der Erste Weltkrieg ausbrach, erhielten die Schiffe der norwegischen Marine den Befehl, die Neutralität entlang der ganzen norwegischen Küste zu bewachen. Beim Landgang suchten J. O. Smith und andere der Freunde die Gebetshäuser und Freigemeinden auf. Sie legten ihr Zeugnis ab und wiesen auf den neuen Weg, den Jesus für sie vorgezeichnet hatte, und ermahnten zu heiligem Leben und Gottesfurcht. Mehrere bekennende Christen gewannen Interesse für diesen "noch besseren Weg" und schlossen sich den Freunden an. Auf diese Weise wuchs die Gemeinde bald über die östlichen Bereiche hinaus und hielt Einzug an mehreren Orten in Finmark und entlang der ganzen Westküste .

Manche Jugendliche kamen in direkten Kontakt mit J. O. Smith, während sie ihre Wehrpflicht in der Marine abdienten. Sie wurden von seiner Verkündigung und von dem Leben, das er lebte, ergriffen. Die Gemeinde in Brevik und mehrere andere können ihr Entstehen bekehrten und heimgekehrten Marinesoldaten zuschreiben .

1.6

Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Jahr mit reicher Entwicklung und Wachstum der Gemeinde. Die Freunde trafen sich zu Hausversammlungen rings um in den Wohnungen. J. O. Smith und E. Aslaksen hielten Bibelstunden, und zu den hohen Feiertagen wurden Bibelkonferenzen an verschiedenen Orten im Østlande gehalten .

Im Jahre 1922 baute die Gemeinde ein eigenes Lokal in Horten. Es wurde mit dem Gedanken an Treffen gebaut, und außer dem Versammlungssaal mit Platz für 200 Menschen gab es "Küche, Speisesaal, Holzschuppen und Wasserklosette im Keller" . Die Treffen bekamen große Bedeutung für die Einheit und Gemeinschaft. Besonders an Orten und in Städten, wo es nur wenige Freunde gab, hatten diese Zusammenkünfte große Bedeutung. Deshalb konnten einzelne Freunde lange Reisen machen, um zu einer Veranstaltung zu kommen. Nach dem Bettagstreffen im Herbst 1924 heißt es unter anderem: "Br. Ditlefsen kam sogar von Mehavn in Finmark und traf nach einer fünftägigen Reise zur Betzeit ein" .

An mehreren Orten ringsum im Lande erlebte die Gemeinde in diesen Jahren Erweckungen. Während einer Erweckung in Valdres wurden etwa 100 Jugendliche von der "schwarzen Welt" erlöst , aber in erster Linie waren es gläubige Menschen, welche sich den Freunden anschlossen, ja, E. Aslaksen bezeichnet diese als die wahrheitsliebendsten, hungrigsten, sehnsuchtsvollsten und aufrichtigsten Seelen, die besten, die es in den Versammlungen gab . Gleichzeitig erhoben sich kritische Stimmen von Priestern und Predigern, die vom Wachsen der Gemeinde wenig begeistert waren.

1.7

"Das ist doch wahr, auf diese Weise werden es nicht viele". Dieser Ausspruch stammt aus dem Munde von Barratt , und wurde mehrmals wiederholt . Er weist darauf hin, wie die Gemeinde und die Pfingstler sich trennten, und wie groß die Kluft zwischen ihnen geworden war. Auch in Fragen der Lehre gab es große Meinungsverschiedenheiten. Diese erreichten ihren Gipfel im Jahre 1937 mit dem Buch des Pfingstlers S. H. Lærum: "Jesus, der Sündenfreie" . Dem wurde von E. Aslaksen kräftig widersprochen im Buch: "Antwort" . Der Ton war scharf und kraß.

Aber gegen das staatskirchlichen System und das Gewohnheitschristentum des Volkes konnten sich die Pfingstler und die Gemeinde einigen und die gleiche Anfechtung spüren. Die Gemeinde bildete jedoch eine schärfere Front gegen das Leben und die Lehre der norwegischen Kirche, und mit ihrer Betonung der Heiligung und des Lebens der Gläubigen wollten sie sich von allen Glaubensgemeinschaften und Richtungen innerhalb der norwegischen Tradition fernhalten. Dies wurde von den Freunden auch nach dem Tode von J. O. Smith fortgesetzt.

1.8

Am 1. Mai 1943 starb J. O. Smith in seinem Heim in Horten. Der Krieg schuf große Probleme für alle die Freunde, die an seinem Begräbnis teilnehmen wollten, aber man strengte sich an, um hinzukommen. Der Leichenzug war der größte, den man je in Horten gesehen hatte . Das Begräbnis wurde wie eine Zusammenkunft, und die Freunde bekamen Gelegenheit, ihre tiefe Dankbarkeit gegenüber J. O. Smith und seinen Glauben an Gott auszudrücken. An der Bahre sprach E. Aslaksen über Hebr. 13, 3-9, und sagte unter anderem: "Wir wurden nicht Anhänger irgendwelcher Dogmen, sondern Nachfolger eines lebenden Glaubens, der Leben bringt!" . Später wurde während des Begräbnisses und während Gedenkversammlungen der Dank dafür ausgedrückt, daß er so viele zur Rechtfertigung geführt hatte, und weg von der willkürlichen Verkündigung, daß Christus alles getan hätte, und wir nichts tun müßten, weg von einer Verkündigung, die so viele in die Irre geführt hatte, ja, geradewegs in Sünden und Laster, während die Verkündigung der Wahrheit einen zum Sieg über die Sünde geführt hätte. "Er war nichts weniger als ein Reformator zum wahren Leben Gottes. Und deshalb ist es schade und eine Schande, daß sich religiöse Führer und andere gegen diesen Weg gestellt hatten" .

Die Lobesworte, die über J. O. Smith in der Gedenknummer zum Ausdruck kamen, sind großartig, und die Schlußworte fassen zusammen und kennzeichnen gut, was die Freunde in Bezug auf das Leben und die Taten von J. O. Smith fühlten. "Erst die Nachwelt und die Ewigkeit werden Licht auf dieses gewaltige Lebenswerk werfen" .

2. Die Ausbreitung

2.1

J. O. Smith kümmerte sich wenig um Menge und Quantität. Für ihn war die Qualität wichtig, und es war wichtig, ein tieferes Leben mit Christus zu bekommen. Deshalb konnte er Furcht äußern, daß sie zu viele würden . Ich will in diesem Kapitel kurz skizzieren, wie die Ausbreitung der Gemeinde vor sich ging, und etwas über die Situation von heute sagen. Die Gemeinde kennt keine Mitgliedschaft, da solche Einschreibungen als Menschenwerk betrachtet werden (2 Kor 3,3) . Um einen Hinweis über die Ausbreitung und die Anzahl der Freunde zu bekommen, wollen wir die Zusammenkünfte und die Teilnahme an diesen betrachten.

2.2

E. Aslaksen hatte nach J. O. Smith die Leitung übernommen, und zusammen mit einigen anderen Ältesten nahm er im Jahre 1954 an einer Zusammenkunft in Leonberg im südlichen Westdeutschland teil. Diese Zusammenkünfte hatten das Thema "Die Einheit der Gläubigen" und sollten für die weitere Ausbreitung der Gemeinde große Bedeutung bekommen. Die norwegischen Freunde sprachen und wiesen freimütig auf die Einheit in ihrer eigenen Gemeinde hin. Weiters legten sie Zeugnis ab für das christliche Leben und wiesen darauf hin, wie man in der Gemeinde lebte. Es erging eine ständige Einladung an alle, nach Oslo zu kommen und den Zusammenhalt und die Einheit zu erleben, und selbst die Gemeinschaft in der Gemeinde zu sehen und zu erfahren .

Jeden Sommer in den folgenden Jahren nahmen die Leiter der Gemeinde an diesen Treffen teil. Mehrere Deutsche kamen nach Oslo. Sie nahmen für eine Zeit von drei Monaten eine Arbeit an und waren in dieser Zeit in der Gemeinde dabei. Die meisten kehrten danach begeistert nach Westdeutschland zurück . Es wird als zutreffend angesehen, was ein deutscher Gemeindeleiter in seinem Zeugnis sagte: "Er hatte dies und jenes gelesen und gehört, was es in der Gemeinde geben sollte, aber nun hörte er nicht mehr nur darüber reden, sondern sah es mit eigenen Augen" .

2.3

Schon im Jahre 1928 war der Versammlungsraum in Horten zu klein geworden, und das jährliche Sommertreffen wurde nach Nesby verlegt. Hier hielten die Freunde ihre Treffen bis 1956 ab, als sie dann einen aufgelassenen Bauernhof in Brunstad in Stokke in Vestfold kauften. Der Besitz war 126 Maß groß und lag, von schöner Natur umgeben und ungestört, unten beim Vestfjord .Ein Versammlungslokal in der Größe von 1250 qm stand 1961 fertig da. Schon beim Sommertreffen 1962 war das Lokal in Brunstad voll. Da kamen 2000 Freunde von 11 Nationen .

2.4

Nach dem Krieg hatte die Erweckung in Norwegen stagniert. Aber die Kinder der 2. und 3. Generation kamen mit in die Gemeinde, und dadurch erhöhte sich die Anzahl derer, die an Veranstaltungen teilnahmen, von Jahr zu Jahr. Aber außerhalb Norwegens gingen die Erweckungen weiter, und von Westdeutschland aus erreichte die Gemeinde die Niederlande, wo sich auch einige Priester anschlossen. Zu Beginn der Sechzigerjahre fand die Gemeinde auch Eingang in der Schweiz, in Österreich, Frankreich und England. Die Gemeinde hat nie eine organisierte Missionstätigkeit mit ausgesandten Missionaren betrieben. Das Ganze geschieht aus eigener Initiative. Die Leiter benützen Urlaube und nicht zuletzt das Pensionistendasein, um Freunde im In- und Ausland zu besuchen. Während der Treffen wird Geld für eine solche Evangelisierung gesammelt. Die Bücher der Freunde wurden übersetzt und gut verbreitet. Zu "Verborgene Schätze" gibt es entsprechende Blätter in 6 anderen Ländern . Viele Ausländer haben einige Freunde getroffen oder sind auf ihre Schriften oder Tonbandkassetten gestoßen, und haben dann die Leiter eingeladen, zu ihren örtlichen Treffen zu kommen . So kam es zu vielen und langen Reisen der Leiter, und aus einer norwegischen Bewegung erreichte die Gemeinde alle 5 Kontinente und setzte sich dort im Laufe von 15 - 20 Jahren fest.

2.5

Im Jahre 1978 stand ein neues Versammlungshaus in Brunstad fertig da. Es war eine große, moderne Halle mit 5000 Sitzplätzen. Bei den letzten Sommertreffen waren alle Sitzplätze besetzt, und es kamen Freunde aus über 20 Ländern .

Wem von den Freunden es nur möglich ist, versucht, beim Sommertreffen dabei zu sein. Gleichwohl ist die Gesamtzahl der Freunde weit höher als 5000, vermutlich über 10000. In Familien mit vielen kleinen Kindern mag es sein, daß nur der Mann hinfährt, und für Ausländer kann die Reise so teuer werden, daß nur der Leiter einer örtlichen Gemeinde teilnimmt.

Ein gutes Bild vom Wirkungsbereich der Gemeinde bekommen wir, wenn wir uns die Länder ansehen, von denen Teilnehmer nach Brunstad kamen. Wir fanden, daß folgende Länder vertreten waren, und zwar in der Reihenfolge, wie sie in den Versammlungsberichten in "V.S." von 1956 bis 1983 stehen : Norwegen, Dänemark, Schweden, USA, Westdeutschland, Færøyer, Niederlande, Österreich, Frankreich, England, Australien, Italien, Ungarn, Kanada, Tschechoslowakei, Jugoslawien, Südafrika, Finnland, Belgien, Indien, Polen, Kamerun, Korea, Indonesien, Ostdeutschland, Hongkong, Nicaragua, Ägypten, Kuwait, Türkei, Israel und Tunis.

Einige dieser Länder haben eigene Gemeinden, und eine große Gruppe kommt zu jedem Treffen. Andere Länder werden vielleicht einmal mit 1 - 2 Teilnehmern erwähnt. Auch in mehreren anderen Ländern gibt es Gruppen mit Freunden, ohne daß diese die Möglichkeit hatten, zu Treffen nach Norwegen zu reisen. Der Irak ist zum Beispiel in dieser Liste nicht erwähnt, es geschah jedoch bei einer Hausversammlung in Bagdad mit 50 - 60 Freunden, daß der Leiter Sigurd Bratlie am 17.November 1978 festgenommen wurde. Er wurde 5 Monate hindurch gefangengehalten, und die Angelegenheit fand in der heimischen Presse starke Beachtung .

Während einer Reise im Jahre 1972 traf S. Bratlie die Chinesin Phebe Ma in einer Versammlung in Indochina. Sie kam seitdem hierher und erhielt die norwegische Staatsbürgerschaft. Schwester Phebe Ma hat viele Schriften ins Chinesische übersetzt. Sie kannte viele Menschen in Singapur, Hongkong und Taiwan, und war mit dabei, Türen in diesen Ländern zu öffnen. Heute gibt es eine große Schar Jugendlicher in Singapur, und auch in China selbst sind es mehrere, die Botschaft angenommen haben .

2.6

Die Gemeinde wurde mit ihrer großen Ausbreitung längst eine Weltbewegung, und sie wächst noch immer und breitet sich aus. Deshalb erscheint es seltsam, daß Einar Molland in seiner Ausgabe von "Die Kirchen und Glaubensgemeinschaften der Christenheit" aus dem Jahre 1976 als Begründung, warum die Gemeinde im Buch nicht erwähnt ist, angibt, daß sie einen zu örtlichen Charakter habe, und die "Smithianer" mit "Gottes Gemeinde in Vegaardshei" auf eine Stufe stellt . Ganz im Gegenteil haben wir hier die einzige Freigemeinde norwegischen Ursprungs, die so gewachsen ist, daß sie zu einer internationalen Bewegung mit örtlichen Gemeinden auf der ganzen Welt wurde.

3. Die Lehre

3.1

Den Ausgangspunkt für das Sündenverständnis der Gemeinde finden wir in Röm. 7,18: "Ich weiß, daß in mir, das heißt in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt". Das Fleisch wird dabei als geistlicher Ausdruck für den Eigenwillen des Menschen betrachtet. Beim Sündenfall wurde der Eigenwille des Menschen vollständig durch die Macht der Sünde geprägt. Alle diese Sünden werden in zwei Gruppen geteilt: die bewußten Sünden und die unbewußten Sünden .

Von diesem bösen Fleisch kommen alle Versuchungen. Das Bewußtsein des Menschen wird so vor die Wahl gestellt zwischen dem Nachgeben gegenüber dem Eigenwillen, welcher lockt und zieht, und der Abwehr der Versuchung. Das Bewußtsein des Menschen, oder als Synonymbegriff, das Herz, tritt hier als eine Art Kontrollinstanz und Filter auf. Wenn man ja sagt zu seiner bösen Lust, wird die Sünde empfangen, und bewußte Sünde wird geboren und kommt heraus als die offenbaren Werke des Fleisches, vgl. Gal. 5, 19-21 .

Die unbewußte Sünde ist verborgen, und zwar so, daß man sie frühestens erkennt, nachdem sie geschehen ist. Es ist Sünde, die nicht durch das Bewußtsein gegangen ist, und man ist nicht vor die Wahl gestellt worden. "Denn ich begreife mein Handeln nicht;" Röm. 7, 15. Solche Sünden nennt man die Werke des Leibes . Nur wenn man mit freier Überlegung Sünde tut, wird es angerechnet. Gott wirft niemandem vor, daß er Sünde hat, denn alle haben ja Sünde, 1 Joh. 1,8. Man wird auch nicht getadelt, wenn man unbewußt Sünde tut, denn da ist man es nicht selbst, der es tut, sondern die Sünde, die in einem wohnt, Röm. 7,17.

3.2

Die Gemeinde hält fest an der Prä-Existenz Jesu , an der Empfängnis durch den Heiligen Geist und der Jungfrauengeburt. Bei der Menschwerdung verzichtete Jesus darauf, dem Vater gleich zu sein, und wurde den Menschen gleich, Phil 2,6-9. Er kam in der "Gleichheit des sündigen Fleisches", Röm. 8,3. Unter Gleichheit versteht man etwas, das assimiliert und nicht nur nachgeahmt ist . Als Stütze für diese Anschauung wird auch Hebr. 2, 14 und 17 herangezogen.

Jesus hatte einen Eigenwillen, gegen den er kämpfen mußte. Aber gleichzeitig war Jesus Gottes Sohn, und hatte von der Empfängnis an teil an Gottes Geist, Röm 1,3-4, sodaß er vollkommen über die Sünde im Fleisch siegen konnte. Hier behaupten die Freunde mit Bestimmtheit, daß Jesus vollkommen rein in Gedanken, Worten und Taten von der Wiege bis zum Grabe war . Aber es ging eine Entwicklung und ein Kampf in Jesus vor sich. Lk 2,42-52 ist ein Beispiel, das zeigt, daß es Bereiche gab, wo Jesus anders gehandelt hätte, wenn er größere Erleuchtung und mehr Weisheit gehabt hätte. Jesus "lernte Gehorsam", Hebr. 5,8, und hatte die ganze Zeit einen Kampf gegen seinen eigenen Willen zu bestehen. Joh 5.30 und 6.38 .

3.3

Die Gemeinde erweitert das Erlösungswerk durch die Behauptung, Jesus sühnte nicht nur einen stellvertretenden Tod für alle unsere Sünden, sondern er tötete auch die Sünde in seinem eigenen Fleisch. Dadurch öffnete Jesus einen Weg, so daß uns von da an auch Möglichkeiten gegeben sind, die Macht der Sünde in unserem bösen Fleisch zu töten, Röm 8,3 .

Die Bekehrung und die Sündenvergebung durch den Glauben sind nur die erste Etappe. Der Glaube verpflichtet zum Gehorsam. Die Berufung des Paulus war gerade zufolge Röm. 1, 5, den "Gehorsam des Glaubens" zu wirken . Jesus wurde der andere Adam, der den Weg des Gehorsams für uns öffnete, den Weg, den Adam versperrt hatte. Hebr. 5, 7-9 und 10, 20. . Vergebung für die Sünden konnte man auch im Alten Bund erhalten. Das Neue war, daß man den "Sieg über die Sünde" erreichen konnte.

3.4

Röm. 6, 11 drückt die Lehre von der Heiligung in einer "Nußschale" aus . Wenn uns unser Eigenwille zur Sünde lockt, sollen wir, wie Jesus, zur Versuchung "Nein" sagen. Dies bringt Leiden in unserem Fleisch mit sich, aber dadurch, daß wir im Leiden ausharren, erhalten wir Gnade (Kraft) und Hilfe zum Widerstand. Hebr 4,16. Nach und nach nehmen die Versuchungen ab und werden schwächer, bis man die Versuchung überwunden hat und für immer mit dieser Sünde fertig ist .

Fällt man in der Sünde, so wendet man sich an Jesus aus Reue über die Sünde, 1 Joh. 2, 1, und erhält Vergebung. Das Bedürfnis, dies nie wieder zu tun, wird als Bedingung angesehen, denn die Vergebung der Sünden darf nie etwas Leichtfertiges und Billiges sein.

Selbst wenn man vollkommenen Sieg über alle bewußte Sünde erreichen kann, wird man das ganze Leben damit fortsetzen, mehr Erkenntnis über die unbewußte Sünde zu gewinnen. Diese Erkenntnis erlangt man, indem man im Lichte wandelt und Jesus auf dem Wege der Erniedrigung und des Gehorsams nachfolgt.

Die Gemeinde hat ein baptistisches Taufverständnis, und das Brotbrechen erhält den Charakter einer Gedächtnismahlzeit.

3.5

Die Gemeinde erklärt, daß es im Reiche der Auferstandenen Unterschiede geben wird. 1 Kor. 15, 41 f wird hierfür herangezogen. Vollendete Menschen werden da mit verschiedenem Glanz erscheinen. "Im gleichen Maß, in dem wir den Tod dem Fleische nach erlitten haben, werden wir auch verherrlicht werden" .

Ausgehend vom Buch der Offenbarung finden die Freunde, daß die 144000 denen entsprechen, die "der Braut angehören", während die große weißgekleidete Gruppe die große Schar derer ist, die niemals weiter kamen als daß ihre Sünden vergeben wurden. Die Möglichkeit, verloren zu gehen, wird aufrechterhalten, steht aber in der Verkündigung wenig im Vordergrund.

Die Brautmystik ist ein hervorstechender Zug , und alles Gewicht wird in der Gemeinde darauf gelegt, zu helfen, daß jedes einzelne Glied des Leibes so gereinigt und heilig wie möglich dargestellt wird bis zu dem Tag, da Jesus Christus wiederkommt, um seine Braut zu holen. Deshalb spielt das ethische Leben so eine zentrale und entscheidende Rolle.

4. Die Gemeinschaft

4.1.

Die Gemeinde hat keine Organisation oder zentrale Leitung. Die Freundeschar sucht sich einen Vorsteher aus. Diese haben Vertrauen gewonnen und sind jene, die auf dem Wege der Heiligung am weitesten fortgeschritten sind. Sie sagen, daß sich solche Erwählungen gewöhnlich von selbst ergeben und ohne Kampf und Streit vor sich gehen. Keiner der Vorsteher erhält Bezahlung.

Elias Aslaksen leitete die Gemeinde in Hønefoss und stand als oberster Leiter auch der ganzen Gemeinde vor bis zu seinem Tod im Jahre 1976. Da übernahm Sigurd Bratlie (geboren 1905), der der Leiter der Gemeinde in Oslo war. Er trat der Gemeinde bei, als er im Alter von 15 Jahren J. O. Smith traf. Sowohl Sigurd Bratlie als auch seine Frau Rachel, Tochter von J. O. Smith, behaupten, daß sie schon vor vielen Jahren mit allen Sünden fertig wurden. In all diesen Jahren hatten sie nie etwas getan, wovon sie im Vorhinein wußten, daß es falsch war, sondern sie wanderten im Licht, um so viele Werke des Leibes wie nur möglich enthüllen zu können .

Die Gemeinde betrachtet sich als eine überkonfessionelle Bewegung . J. O. Smith war das Werkzeug, das Gott gebrauchen konnte, um die Gemeinde wie in den Tagen der Apostel zu errichten . Gottes lebende Gemeinde wurde da von neuem geboren. Sie betrachtet sich selbst als Christi Leib, eine Gemeinde, die ein lebender Organismus ist und wie ein solcher fungiert. Sie ist "organisiert" durch das Leben in Christus, und es ist die Wanderung im Licht, das die Freunde vereint. Gemeinschaft auf andere Weise ist Menschenwerk und zu Mißerfolg verurteilt" .

Man rechnet damit, daß es auch früher gottesfürchtige Menschen gab, vor der Zeit des J. O. Smith, und daß es aufrichtige Christen außerhalb ihrer Freundegemeinschaft gibt . Sie fühlen sich einig mit diesen, aber räumen ein damit zu rechnen, daß es äußerst wenige sind, die außerhalb der Gemeinde "der Braut" angehören.

Die Freunde schaffen eine scharfe Front gegen alle Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften. Die gebräuchlichste Bezeichnung für die anderen Gemeinden ist "die religiösen Parteien", und Parteibildung wird als Sünde angesehen, zufolge Gal. 5, 19-21 . Ausgehend von Sprüche 21, 16 kann man die Kirchen und andere Glaubensgenossenschaften bezeichnen als "Totenversammlungen", wo alles "geistliche Leben" aus religiöser Unterhaltung besteht . Mit solchen Standpunkten hat sich die Gemeinde natürlich isoliert und nimmt an keiner ökumenischen Zusammenarbeit teil . Sie ist in Norwegen keine Allianzen eingegangen.

Die norwegische Kirche kann die Bezeichnung "Hure" erhalten. Die Begründung hierfür ist, daß die Staatskirche viele "Hurenordnungen" hat. Der Staat wurde die Grundlage und nicht Christus. Diese Ordnung gibt der Kirche ökonomische Vorteile und hemmt die Gottesfurcht und das voranschreitende, heilige Leben. Es begünstigt ein stumpfes Gewohnheitschristentum, wo alles sich um Sünde, Gnade, Sünde, Gnade dreht .

Die Kritik und Verurteilung, die andere gegen sie erhoben haben , werden mit Fassung entgegengenommen. Niemand verstand richtig, worüber die geschrieben haben, ist der gewöhnliche Einwand. Die Darstellung, welche der Bibelschulleiter Sofus Anker-Goli in seinem Buch "Sekten im Scheinwerferlicht" von 1950 brachte, bezeichnen die Freunde als schwer irreführend und weit von der tatsächlichen Wirklichkeit entfernt. Besonders verletzt fühlen sie sich, weil der Verfasser eine Zeitlang in Stokke wohnte und bei mehreren Treffen in Brunstad anwesend war, ohne nachher das, was er geschrieben hatte, zurückzuziehen oder Veränderungen im Buch vorzunehmen, das ständig in neuen Auflagen herauskam . Aber die Gemeinde wünscht mit allen in Frieden zu leben, und Kritik wird selten zurückgewiesen.

Man kann einen Tugendkatalog aufstellen, und weiters sagen, daß mit Gottes Güte die Freunde an diesen Gütern teilhaben, und damit schließen, daß Gott im Reiche des Lichtes unmöglich so treue und gottergebene Menschen von sich stoßen kann. "Denn da müßte der böse Satan in seinem Reich solche entgegennehmen, die mit Gottes Macht alle Reste des Bösen abgelegt haben" . "Wie sollte dies möglich sein ? Wo es solche Seelen gibt, da ist das Reich des Lichtes ! Wenn diese zur Hölle kommen, müßte dort alle Finsternis und alles Böse verschwinden, und damit würde auch die Hölle verschwinden !" .

Ein tragender Hauptgedanke ist ferner, daß, wenn die Gemeinde mit Gottes Gnade und ohne irgend eine menschliche Organisation aufwuchs und trotz erbitterten Widerstandes zu aller Zeit und von allen Seiten so stark wurde, ja, da müßte es Gottes Werk sein .

4.2

Die Gemeinde in Oslo hat ein eigenes Lokal in der Tegelverksgate 8. Der Versammlungssaal hat 300 Plätze. Der Raum ist einfach und hat keinen Schmuck, kein Podium und keine Kanzel. Ganz vorne an der Wand steht: "Liebe die Brüderschaft!" Darunter sitzt die Musikkapelle der Gemeinde, die den Gemeinschaftsgesang leitet. Vorne in der Mitte steht ein einfacher Stuhl mit Mikrofonen. Der Vorsteher und die Ältestenbrüder sitzen ganz vorne, dahinter die anderen Brüder. Die Schwestern sitzen in der hinteren Hälfte. Die Männer haben kurzgeschnittene Haare. Die Frauen tragen Röcke (Deut. 22, 5) und langes aufgestecktes Haar, das bei den Versammlungen bedeckt ist. Die Altersverteilung ist gleichmäßig, und der Saal ist fast vollbesetzt. Die Gemeinde in Oslo zählt über 400 Mitglieder, aber mehrere der Frauen bleiben daheim und passen auf die Kleinkinder auf. Die Gemeinde in Oslo hat nun Pläne, ein neues größeres Lokal in Ryen zu errichten (Anm.d.Übers.: Es wurde inzwischen fertiggestellt).

Die Versammlungen beginnen mit ein paar Liedern aus dem Liederbuch "Die Wege des Herren" . Die Melodien sind einfach und leicht mitzusingen, und der Gesang ist frisch. Alle, die dazu imstande sind, knien auf dem Boden nieder, den Kopf auf die Stuhlsitze gelegt. Auch wenn man ärztliche Hilfe nicht zurückweist, waren die Freunde immer damit beschäftigt, durch Gebet zu heilen und die Kranken Gott in ihren Gebeten anzuempfehlen. Die Freunde rufen ihre Gebetsanliegen mit lauter, schreiender Stimme. Außer dem Gebet für kranke Freunde legt man die ganze Versammlung in Gottes Hände und bittet um seinen Segen. Nach einem weiteren Lied erfolgt eine Ansprache. Gewöhnlich ergreift zuerst der Vorsteher das Wort. Es ist schwierig, eine Linie oder einen Faden zu finden in dem, was gesagt wird. Er liest eine Schriftstelle, sagt kurz etwas darüber, und springt rasch weiter zu einem neuen Bibelvers. S. Bratlie sagt selbst, daß er nicht predigt, sondern nur das erklärt, was Gottes Wort sagt, und das Wort für die Versammlung lebendig macht. Er stellt das heraus, was der Geist ihm ans Herz legt, und das, woran er erinnert wird . Den Worten folgen einfache Illustrationen. Oft wird auf die Praxis der "religösen Parteien" hingewiesen und davor gewarnt, zugleich wird ausgeschmückt, wie herrlich die Verhältnisse in der Gemeinde sind. Wenn man auch viele Zitate benützt, so werden doch wenige aus den Evangelien genommen. Über Jesu irdisches Leben und die Erlösung wird so gut wie nie gesprochen. Das Evangelium, als unentgeltliches Geschenk von Jesus Christus zustandegebracht, liegt stillschweigend als ein selbstverständliches Fundament darunter, und wird nicht ständig wiederholt. Die Verkündigung wird gegen den sündigen Eigenwillen gerichtet. Es gilt, so viel wie möglich davon zu offenbaren, damit man zu größerer Erkenntnis und mehr Licht gelangen und sich mehr von Christi Tugenden aneignen kann. Dadurch wird die Gemeinde dazu aufgebaut, Jesu Christi Braut zu sein. Die Verkündigung soll möglichst viel Hilfe dazu geben, daß der Glaubende möglichst weit über das Elementare in Gottes Wort hinauskommen kann. Man geht vorbei an der Kinderlehre über Christus und schreitet voran (Hebr. 6, 1-2). Der Gemeinde wird nicht Milch, sondern feste Nahrung geboten (Hebr. 5, 12-14) .

Weiter geht es Schlag auf Schlag in der Versammlung, und viele ergreifen das Wort. Sie preisen Gott für die Verkündigung, die sie hören durften, danken dafür, daß sie auserwählt sind, der Gemeinde angehören zu dürfen, lesen eine Schriftstelle, geben für die eigene Unzulänglichkeit Zeugnis, aber drücken gleichzeitig ihr Bedürfnis aus, weiterhin zu kämpfen und zu streiten.

Wieder kann die Stimmenstärke laut werden. Viele der Frauen brechen in Weinen aus und trocknen ihre Tränen, wenn sie sich wieder setzen. Die Intonation ist merkwürdig übereinstimmend, und auch inhaltsmäßig sind die Zeugnisse überraschend gleich. Es scheint, daß Dag Risnes einem Bruder eine treffende Charakterisierung der Zeugnisse gibt, wenn er sie in seinem Roman folgendermaßen beschreibt:" Und dann Worte, endlos, Laute der Reihe nach, fortwährend gegen die Sünde, zur Bekämpfung der Lust und des Lasters" .

Zwischen den Zeugnissen werden Lieder gesungen, und die Versammlungen werden mit Gebet abgeschlossen. 1 Kor 14, 26 ist der Ausgangspunkt dafür, wie die Versammlungen gestaltet werden. Sie erleben es so, daß es volle Freiheit und Leben ist. Alle Mitglieder können teilnehmen und sich betätigen. Nach ihrer Meinung ist das in der Kirche ganz anders. In den Gottesdiensten der Kirche ist der Geist gebunden, und die Zuhörer können nicht anders teilnehmen als mit Psalmengesang und "Amen", während in der Gemeinde etwa 30 der Freunde im Laufe von 2 1/2 bis 3 Stunden das Wort ergriffen haben.

4.3

Die Sommerkonferenz in Brunstad ist der Höhepunkt des Jahres und die Hauptveranstaltung der Gemeinde. Das Datum für die Konferenz wird in "Verborgene Schätze" angekündigt, aber es gibt kein Programmkomitee, kein Marketing und keine Werbung. Es ist allein das Bedürfnis, das Wort zu hören und die Gemeinschaft mit den anderen Glaubenden zu fühlen, das sie versammelt. Gut mehr als 5000 Menschen kommen jedes Jahr in der zweiten Juliwoche nach Brunstad.

An jedem Konferenztag werden drei Versammlungen gehalten. Die Versammlungen sind ebenso aufgebaut wie die lokalen Versammlungen. Auch hier herrscht volle Freiheit für jeden, nach vorne zum Mikrophon zu gehen und das zu sagen, woran Gott einen erinnert hat. Die Versammlungen werden klar abgewickelt, und alles geht ordentlich vor sich. Bei uns kann das so sein, sagen die Freunde, denn niemand sucht seine eigene Ehre, sondern fragt danach, was Gott in der Versammlung vorgebracht haben will.

In der Konferenzhalle ist eine moderne Simultanübersetzungsanlage installiert. In neun Dolmetscherkabinen sitzen Freunde und übersetzen für ihre ausländischen Freunde. Die Übermittlung erfolgt drahtlos, sodaß die Ausländer sich mit ihrem Empfänger in der Halle frei bewegen können. Viele der Ausländer sprechen inzwischen fließend Norwegisch.

Während der Konferenztage werden zwei Kollekten durchgeführt. Eine geht an die "Evangelistenkasse" und eine dient dem weiteren Ausbau des Versammlungsortes. Alles soll freiwillig und mit Freude gegeben werden. Es gibt keine schwulstigen Kollektenreden, Zehentpflicht, Basare oder andere Tätigkeiten, um Geld zu beschaffen. Die Gemeinde nimmt auch keine öffentlichen Mittel entgegen oder sucht um solche Unterstützungen an. Jeder trägt mit dem Seinen zum Besten der Gemeinschaft bei. Als 1977-78 eine neue Konferenzhalle gebaut wurde, gaben die Freunde zwischen 600.000 und 800.000 Kronen im Monat, ja, manchmal bis zu 900.000 Kronen . So wurde die Halle schuldenfrei und rasch bezahlt, und im Herbst 1983 wurde ein neuer Speisesaal gebaut, in dem 2000 Menschen Platz haben.

Die ganze Liegenschaft stellt heute ein bedeutendes Vermögen dar. Die Eigentumsverhältnisse sind nicht durch eine Stiftung geordnet, und da die Gemeinde keine Organisation ist, sind drei Einzelpersonen die formellen Eigentümer des Versammlungsortes. Diese sind S. Bratlie, Aksel J. Smith und der Baudirektor der Gemeinde Oppegaard, Bernt Stadven .

Anschließend an die Sommerkonferenz werden eigene Kinder- und Jugendkonferenzen abgehalten. An jedem Neujahrsabend und zu Ostern gibt es in Brunstad Konferenzen. Zu Pfingsten gibt es lokale Konferenzen. Es gibt auch im Ausland lokale Konferenzen, besonders in Westdeutschland, den Niederlanden, den USA und Indien.

Selbst wenn so viele Menschen versammelt sind, ist der Konferenzbereich von Ruhe und Ordnung geprägt. Manche verbringen ihre ganzen Ferien in Brunstad, um Ruhe und Frieden in schöner Natur, gut abgeschirmt von der Welt und allem Weltlichen, zu finden.

4.4

Die Familie bildet die kleine, nächste Einheit und spielt eine wichtige Rolle im Bewußtsein aller Freunde.

Die Freunde finden ihren Ehepartner innerhalb der Gemeinde. Die Gemeinde hat nie um das Trauungsrecht angesucht, denn da müßten sie sich organisiert und einen Namen angenommen haben. Die Ehe wird am Standesamt geschlossen, und am Abend ladet die lokale Gemeinde der Braut zu einem öffentlichen Hochzeitsfest ein . Die lokale Freundesschar sowohl der Braut als auch des Bräutigams schließen sich mit ganzer Seele an und zeigen ihre Freude und ihre Zusammengehörigkeit mit den Neuvermählten .

Die Familie hat eine sehr patriarchalische Struktur, wo der Mann das Haupt der Familie ist, und es der Frau aufgetragen ist, sich dem Manne unterzuordnen. Die Männer sind außerhalb des Hauses berufstätig, und sie üben die verschiedensten Berufe aus. Gleichwohl sind es meist Handwerker und niedere Angestellte, aber einige haben auch höhere akademische Ausbildung und befinden sich in leitenden Stellungen, wenn auch davor gewarnt wird, nach dem Hohen in der Welt zu streben und man sich eher an das Niedrige halten soll.

"Die Mütter bauen das Haus, während die Männer die Gemeinde bauen" . So fungiert das in der Praxis. Die große Aufgabe der Frau ist es, Kinder zu gebären und ihnen eine christliche Erziehung zu geben. E. Aslaksen ermahnt die Frauen und schreibt: "Und du, die du Gattin bist, achte auf deine Arbeit! Sei still und sanftmütig, lieblich und gut, hingegeben und untergeben ! Gebäre Kinder! Dazu bist du berufen!" . Die Freunde setzen sich nicht für Empfängnisverhütung ein, und an nimmt alle Kinder entgegen, die kommen. 8 - 14 Kinder ist normal. Manche haben noch mehr . Viele Kinder werden als Zeichen der Frömmigkeit angesehen, besonders für die Frauen. Keine Frau benützt Schmuck oder Kosmetika. Ihre Schönheit soll nicht im Äußeren bestehen, sondern im Inneren.

Die Kinder gehen in eine normale Schule, und das wird als schwierig erlebt. Die Eltern haben Angst vor der massiven Einwirkung, mit der die Kinder dabei konfrontiert sind. Die Buben haben, wie ihre Väter, kurzgeschnittenes Haar, und die Mädchen haben Zöpfe und sind immer mit einem Rock bekleidet. Die Kinder nehmen selten an Skitouren und Landschulwochen teil. Spöttische Bemerkungen und Aufziehen sind eine wohlbekannte Erscheinung, aber die prallen sichtlich schnell ab. Die Kinder sind brav und wohlerzogen, aber viele von ihnen wirken still und in sich gekehrt und sind wenig spontan. Die Kinder und die Verhältnisse in der Schule sind ein häufiges Fürbittenthema bei den Versammlungen.

Die Heime bilden einen sicheren Rahmen, und es wird Wert darauf gelegt, Zeit für einander zu haben, miteinander sprechen zu können und einander mit Hausandachten und Gebeten aufzubauen. Die Zimmer sind wie andere norwegische Wohnungen eingerichtet, aber von Nüchternheit geprägt. An den Wänden hängen Schriftstellen, Familienbilder und Bilder von Vorstehern der Gemeinde. Niemand hat Fernsehgeräte, wenige ein Radio, und viele beziehen nicht einmal eine Zeitung. Man will sich durch das Weltliche nicht beeinflussen lassen. Statt dessen haben Gesang und Musik einen wichtigen Platz, wo man zu Gottes Ehre singt und spielt. Die Kinder haben ein eigenes Gesangsbuch. Es heißt "Mandelblüte" , und es wird auch eine eigene Kinderzeitung mit demselben Namen herausgegeben .

Die Freunde nehmen an Politik , Fachvereinigungen, organisierten Sportverbänden oder anderem Kulturleben nicht teil . In der Freizeit besuchen sie einander gerne. Fürsorge und Kontakt wird auch durch fleißiges Briefschreiben an Freunde geschaffen, die weit draußen wohnen. Die Hilfsbereitschaft ist auch groß, gelte es nun Handanlegen beim Hausbau oder Hilfe bei Krankheit in der Familie.

Es wird immer wieder bei Versammlungen und in den Schriften betont, wie glücklich die Ehen sind, und wie gesegnet gut man es in den Familien hat. Die Scheidungsrate bei den Freunden ist Null, denn wenn es eine Scheidung gibt, so hatten sie sich von der Gemeinde getrennt, bevor die Scheidung aktuell wurde. Allerdings gibt es sehr wenige, die später aus der Gemeinde ausbrechen, nachdem sie im Erwachsenenalter ihren Beschluß gefaßt hatten.

Die Kinder folgen im großen und ganzen der Spur ihrer Eltern und bleiben in der Gemeinde. Bei einem Besuch bei Sigurd Bratlie konnte er ein Familienbild eines amerikanischen Ehepaares mit 17 Kindern zeigen, die alle in der Gemeinde waren. In großen Kinderscharen ist es selten, daß mehr als 1 - 2 Kinder ausbrechen. Damit fangen sie gerne in den Jugendjahren an, wo sie beginnen, gegen die Eltern ungehorsam zu sein und sich zu weigern, zu den Versammlungen mitzugehen. Wenn der Bruch kommt, reagieren mehrere damit, daß sie "sich in die Sünde hinausstürzen". Die Praxis der Nächstenliebe wird im Wesentlichen gegenüber denen ausgeübt, die sich in der Gemeinde befinden. Das Verhalten Außenstehenden gegenüber kann ziemlich kühl sein, selbst gegenüber nahen Verwandten. Die Kinder, die ausbrechen, bekommen Identitätsprobleme, und viele leiden unter großen psychischen Problemen. Die Freunde sagen dann gerne, daß die Abgefallenen wissen, daß die Gemeinde das Richtige vertritt, aber daß sie nicht das Leben leben wollen.

4.5

Das Ziel in dieser Welt ist, so weit wie möglich gereinigt zu werden, zuerst von aller bewußten Sünde und dann soviel wie möglich von der innewohnenden Sünde. Die Leiter, die auf diesem Weg am weitesten gekommen sind, erhalten dadurch eine starke Stellung. Mit ihrem Leben gehen sie als Beispiel voraus, und die Freunde hören zu und ordnen sich dem, was sie sagen, mit großer Erleuchtung unter.

Elias Aslaksen ermahnt die Freunde und schreibt in "Verborgene Schätze" im Jahre 1965: "Scheut Diskussion und Streit wie die Pest, ja, wie das Feuer der Hölle. Leidet alles Mögliche, um solches zu vermeiden", und:" Suche von ganzem Herzen, ganz bewußt, durch und durch in geringen Gedanken über dich selbst befestigt zu werden!" .

Die Zucht der Gemeinde ist streng, und man muß Zucht und Erziehung ertragen, damit jeder lebendige Stein zusammengefügt und in das Gebäude eingebaut werden kann . Ein gläubiger Bruder schrieb 1966 an S. Bratlie, und fragte in tiefer Vertraulichkeit, ob nicht auch Menschen von anderen Gemeinden ("den religiösen Parteien") gerettet werden könnten. Da wurde die Schweigepflicht beiseite geschoben, und die Frage und der Fragende wurden ohne Vorwarnung vom Sprecherstuhl aus zur Drohung und Warnung vorgestellt. Er landete daraufhin auf der hintersten Bank, und es wurde ihm verboten, bei den Zusammenkünften Zeugnis abzulegen. Nach einer Weile wurde ihm auch verboten, laut zu beten . So wird man erzogen, sich selbst zu verleugnen und sich den Autoritäten zu unterwerfen. Bedürfnis und Wille, ein heiliges Leben zu führen, sind Voraussetzung, denn die Freunde wissen ja, daß der Weg hinauf und vorwärts in der Gemeinde ein Weg ist, der im Gegenteil hinunter führt in Demut, Gottesfurcht, Dienst und Entsagung.

Die Freunde sagen selbst, daß sie in allen Dingen volle Freiheit haben. Es gibt im praktischen Leben wenig festgelegte Regeln, aber viele ungeschriebene Gesetze. Wenn Kritik und Uneinigkeit von seiten eines der Freunde auftaucht, so wird der ganze Leib in Aktion gesetzt, um die Geschwulst von dem Mitglied, das sie verursacht hat, auszumerzen, sodaß der Leib wieder einheitlich und übereinstimmend auftreten kann.

Ein Universitätslehrer, E.H., 1917 geboren, war Ältesterbruder in Oslo. Er war ein intelligenter Mann und erwarb sich bei den meisten in der Gemeinde große Achtung. Er war ein wenig zurückhaltend gegenüber vielen undifferenzierten Teilen der Verkündigung, zum Beispiel S. Bratlie's Behauptung bei einem Brüdertreffen im Jahre 1966, daß Onanie zu Geisteskrankheit führen könnte. Dieser Ältesterbruder wünschte nicht, daß dies die offizielle Meinung der Gemeinde sein sollte, da man es weder biblisch noch wissenschaftlich belegen konnte. Das Verhältnis zwischen ihnen wurde gespannt, und E.H. wies mehrmals darauf hin, daß S. Bratlie zu alleinbestimmend und zu selbstherrlich war. Während E.H. 1972 auf einer Reise zu Gemeinden in den USA war, setzte S. Bratlie einen neuen Jugendleiter in Oslo ein, ohne vorher mit E.H. gesprochen zu haben, der der Leiter der Gemeinde in Oslo war. Dies führte zum offenen Streit zwischen den beiden. E.H. wurde sein Amt als Ältesterbruder entzogen und er wurde zum Schweigen gebracht. Die Gemeinde erlebte eine Krise und war der Spaltung nahe. Hätte es damals eine wirkliche Wahl des Leiters gegeben, so hätte E.H. starke Unterstützung erhalten. Inzwischen gelang es S. Bratlie, die Truppen zu sammeln. E.H. wurde hinausgedrängt, während seine Frau und seine Kinder in der Gemeinde blieben. Er selbst zog sich schwere nervöse Leiden zu und wurde krankheitshalber pensioniert . So können die Freunde weiterhin stolz behaupten, daß die Gemeinde noch nie eine Spaltung erlebt hat .

4.6

Die Freunde sagen, daß sie mit ihrem Dasein zufrieden sind und die Möglichkeiten der Lebensentfaltung nicht vermissen, denen sie entsagt haben.

Bei einer Jugendversammlung in Brunstad redete S. Bratlie und kam darauf zu sprechen, daß ihn seine Mutter Mühle spielen gelehrt hatte. Als Bub konnte er liegen und an das Spiel und die Züge denken, bevor er einschlief. Als er sich aber bekehrte, war auch mit dem Schluß. Die naheliegende Frage, ob man auch das nicht mehr durfte, wurde aufgegriffen und damit beantwortet, daß die ganze Frage falsch gestellt war. Wenn man so etwas fragt, verrät man nur, daß man nicht richtig wiedergeboren ist, denn wäre man wiedergeboren, so würde man für so etwas keine Lust und kein Interesse haben, weil man dann das Bedürfnis hätte, Gott zu suchen und seinen Willen zu tun. Kinder müssen spielen, aber man kann nicht das ganze Leben spielen.

Gott suchen bedeutet, in Gott Ruhe finden. Röm 8, 28:"Und wir wissen, daß alles denen zugute kommt, die Gott lieben..." ist ein Vers, der zentral im Bewußtsein eines jeden der Freunde steht. E. Aslaksen schreibt: "Der Glaube an dieses Wort wirkt Wunder. Es bewirkt, daß ich unaufhörlich nur Vorteile und Einkünfte abschöpfe von allem und jedem, das mich auf meinem Wege trifft, ganz abgesehen davon, was es sein mag".

Wenn zum Beispiel bei einem Bus der Motor streikt, so ist es ein Ausdruck von Mangel an Ruhe in Gott, den Hals neugierig zu recken und besorgt nach vorne zu sehen. Da heißt es: "Gott leitet das Ganze, und es ist Aufgabe des Fahrers, damit fertig zu werden, was er bei dieser Gelegenheit zu tun hat. Es gibt nichts, was du sagen oder tun sollst! Sei nur ruhig! Ruhe in Gott! Dort ist es unsagbar gut zu sein. Du hast das Recht, dort zu sein. Du hast Freiwacht! Und "die Freiwacht geht in die Kojen", sagt man auf See."

Der Glaube an Gottes volle Leitung unter allen Umständen bewirkt, daß man in Gott ruhen kann, und nicht aus der Fassung kommen muß. Wird einem Mann am Arbeitsplatz ein Finger abgerissen, so kann er auch darin ruhen, daß der Finger nicht ohne den Willen Gottes abgerissen wurde. E. Aslaksen schreibt: "Alle Dinge sind Gottes Diener. Zufolge Gottes Befehl (Diener bekommen ja immer Befehle) nahm die Maschine den Finger mit sich. Alle Dinge dienen zum Guten. Bisher war es das Beste, den Finger zu behalten; aber nachher war es also besser für sein Heil, ihn zu entbehren. Es war ein Unglück. Aber es geschieht kein Unglück in der Stadt, ohne daß der Herr es bewirkt hat (Amos 3, 6); und was er tut, das ist gut und vollkommen" .

Zu ihrer Frömmigkeit haben die Freunde mehrere Impulse vom mystischen, radikalen Pietismus und von der "Tradition der Nachfolge Christi" geholt . Mitten in der Arbeit und in praktischen Verrichtungen und in allem, was der Tag bringt, bemüht man sich, seine Gedanken und sein Bewußtsein Gott zuzuwenden. Man übt, zwischen Gut und Böse unterscheiden zu können, sich von seinem Eigenen zu entleeren, und bemüht sich, mit der göttlichen Natur erfüllt zu werden, indem man in Hingabe und Anbetung zu ihm lebt.

Vor allem wird der Alltag für den Einzelnen der Freunde von Sehnsucht nach dem Himmel und einer starken Erwartung der nahen Ankunft des Herrn geprägt. Sie spinnen an ihrem Brautkleid und halten sich bereit, den Tag zu erwarten, an dem der Bräutigam kommt, seine Braut heimzuholen und zum Hochzeitsfest einzuladen.

LITERATURVERZEICHNIS

Aslaksen, Elias:

Apostelen Paulus' formaninger (Die Ermahnungen des Apostels Paulus). Horten 1962. 23 Seiten.

Brev (Briefe) 1957 - 1961. Hønefoss 1977. 281 Seiten.

De troendes enhet (Die Einheit der Gläubigen). Hønefoss 1937. 13 Seiten.

Formaningene fra apostlene Jakob, Peter, Johannes og Judas. (Die Ermahnungen der Apostel Jacobus, Petrus, Johannes und Judas). Horten 1964. 10 Seiten.

Glede (Freude). Horten 1963. 9 Seiten.

Hovmot og dets utslag (Hochmut und seine Auswirkungen). Horten 1963. 15 Seiten.

Hvile i Gud (Ruhe in Gott). Hønefoss 1952. 25 Seiten.

Jeg er korsfestet med Kristus (Ich bin mit Christus gekreuzigt). Hønefoss 1942. 37 Seiten.

Jesu Kristi brud (Jesu Christi Braut). Hønefoss 1941. 31 Seiten.

Jesu Kristi formaninger i evangeliene. (Jesu Christi Ermahnungen in den Evangelien). Horten 1973. 10 Seiten.

Jesus Kristus, Guds enbaarne sønn fra evighet av, i sitt kjøds dage. (Jesus Christus, Gottes eingeborener Sohn von Ewigkeit her, in den Tagen seines Fleisches). Horten 1936. 4 Seiten.

Kjærlighetens indre vesen og dens utslag. (Das innere Wesen der Liebe und seine Auswirkung). Hønefoss 1943. 45 Seiten.

Kristus aapenbart i kjød. Nøkkelen til et seirende liv. (Christus geoffenbart im Fleisch. Der Schlüssel für ein sieghaftes Leben). Hønefoss 1952. 52 Seiten.

Livets aands lover (Die Gesetze des Geistes des Lebens). Hønefoss 1939. 96 Seiten.

Lysstreif fra Sangenes sang (Lichtstrahl vom Lied der Lieder). Horten 1964. 15 Seiten.

Maaten aa ta det paa (Wie man es auf sich nimmt). Hønefoss 1956. 14 Seiten.

Oversikt over en troendes utvikling (Überblick über die Entwicklung eines Gläubigen). Horten 1979. 10 Zeichnungen..

Sann frihet (Wahre Freiheit). Horten 1975. 12 Seiten.

Satan knust under dine føtter (Satan zermalmt unter deinen Füßen). Hønefoss 1941. 8 Seiten.

Svar paa S.H. Lærums og T.B. Barratts angrep paa Jesu Kristi disippelskap (Antwort auf die Angriffe von S.H. Lærum und T.B. Barratt auf Jesu Christi Jüngerschaft). Hønefoss 1937. 53 Seiten.

Syndens og dødens veier (Die Wege der Sünde und des Todes). Horten 1973. 36 Seiten.

Sytti veier til himmelen (Siebzig Wege zum Himmel). Hønefoss 1935. 140 Seiten.

Velsignelsens evangelium (Das Evangelium des Segens). Hønefoss 1953. 106 Seiten.

Aa være kristen (Christsein).I Hvad det er (Was das ist). II Hvorfor være det (Warum Christsein). III Hvorledes bli det (Wie man es wird). Hønefoss 1943. 38 Seiten.

Bratlie, Sigurd:

Bruden og skjøgen og de siste tider. (Die Braut und die Hure und die letzten Zeiten). Grefsen 1971. 128 Seiten.

Den nye pakt og lovløshetens hemmeligheit. (Der neue Bund und das Geheimnis der Gesetzlosigkeit).

Bryn 1952. 79 Seiten.

Naaden i Jesus Kristus (Die Gnade in Jesus Christus). Oslo 1975. 22 Seiten.

Stykker fra "Skjulte skatter" 1929 - 1972. (Beiträge aus "Verborgene Schätze" 1929 - 1972).Oslo 1973. 446 Seiten.

Bratlie, Sigurd, und Aksel J. Smith:

Menigheten Kristi legeme (Die Gemeinde - Leib Christi). Horten 1984, 56 Seiten.

Brubakken, Borgar:

Syndenes forlatelse (Die Vergebung der Sünden). Horten 1982. 29 Seiten.

Gyon, Jeanne Marie Bouvière de la Mothe:

Autobiografie av Madame Gyon (Autobiographie der Madame Gyon). Oversatt av A.K. (Anna Kjærnet). (Übersetzt von A.K.). Stavanger 1949. 397 Seiten.

Bønnen eller en kort og let maate at bede paa. (Das Gebet oder eine kurze und leichte Art, anzubeten). Oversatt av E.A. (Elias Aslaksen). (Übersetzt von E.A.). Kristiania 1912, 80 Seiten.

"Herrens veier." (Die Wege des Herrn). Horten 1980. 415 Lieder.

Pfeifer, Helmut:

"Mir gefällt mein Job" oder: Wie eine 17-fache Mutter lebt und was sie so alles erleben kann (deutsch). Lindenfels. 1983. 93 Seiten.

"Skjulte skatte(r)." (Verborgene Schätze). 1912 - 1983.

Redakteur 1912 - 1919: Johan O. Smith und Aksel Smith.

Redakteur 1919 - 1943: Johan O. Smith.

Redakteur 1943 - 1983: Aksel Johan Smith.

Horten. 12 Nummern im Jahr, je 8 Seiten.

Smith, Aksel:

Fire trinn i den troendes liv. (Vier Stufen im Leben des Gläubigen). Horten 1963. 38 Seiten.

Vill i troen (Verirrt im Glauben). Horten 1935. 24 Seiten.

Smith, Johan O.:

J. O. Smith etterlatte brev (J. O. Smith's hinterlassene Briefe). Horten. Ohne Jahresangabe. 441 Seiten.

J. O. Smiths stykker i "Skjulte skatter". (J. O. Smith's Beiträge in "Verborgene Schätze"). 1. Band 1912 - 1921. Trondheim 1975. 166 Seiten.

Ruts bok. Med henblikk paa den indre liv. (Das Buch Ruth. Im Hinblick auf das innere Leben). Efeserbrevet (Der Epheserbrief). Horten 1963. 93 Seiten.

Wetlesen, Adolf:

Forløsningen i Kristus (Die Erlösung in Christus). Mandal 1941. 70 Seiten.

"Mandelblomsten"s Sanghefte (Die Liederhefte der "Mandelblüte"). Mandal 1941. 42 Lieder.

(Übersetzung aus dem Norwegischen: Friedrich Griess)

SUMMARY

"Smith's Friends" - the origin and characteristics of a Norwegian religious society.

"Smith's friends" is a small, Norwegian religious sect. Its founder was the naval officer Johan Oskar Smith (1871-1943). The society still shows a surprising vitality. The activities include publishing and international conferences. In Norway there are some 10.000 members, and there are also supporting societies abroad (e.g. Germany, France and England).

This article gives evidence both to the doctrinal specialities of the society and to its cultural and social characteristics. The written sources are quite few, and oral tradition is used as a supplement in the analysis.

The basic element in this religious society is the family, familiar authority and the pursuit of holiness. The groups are extremely conservative and esoteric. An important explanation of their vitality is held to be the social and cultural pressure and support among the members and between members and leaders of the society.