Quelle: www.denoorsebroeders.com

Akzeptanz von (Anders-)Denkenden

Leo J. Pape

An Wim van de Werf und alle anderen Leser,

ich schnitt ein wichtiges Thema an, auf das ich ausführlicher eingehen will. Ich schrieb: "Aber er (=Bruder Littooij) akzeptiert doch wohl andere Christen". Hierin liegt ein ganzer Kritikpunkt bei den Norwegischen Brüdern. Akzeptanz von (etwas) anders Denkenden.

Oft habe ich die folgende Frage gestellt, sowohl schriftlich als auch mündlich, auch im Namen meiner heranwachsenden Kinder: "Welche Bedingungen muß ich erfüllen, um durch die Gemeinde der Norwegischen Brüder als Bruder in Christus vollständig akzeptiert zu werden?"

Hierauf habe ich noch keine deutliche Antwort bekommen. Daran wird immer herumgedreht, obwohl es doch für unsere Jugend und andere so wichtig zu wissen ist, bevor man sich der Bruderschaft anschließt. Darum habe ich beschlossen, auszuprobieren, was die Randbedingungen sind, um akzeptiert zu werden.

Nachdem ich in den letzten Jahren viele praktische Überprüfungen durchgeführt und meinen Hals ordentlich ausgestreckt habe, um die Antwort auf diese Frage in der Praxis zu finden, ist die Antwort auf diese Frage schlußendlich ganz deutlich klargeworden.

Es gibt zwei offenkundige Grundbedingungen, um durch die Norwegischen Brüder vollständig als vollwertiger Christ akzeptiert zu werden:

a. Man darf keine Zweifel haben, außer über einzelne sehr spezifische Dogmen betreffend "Christus geoffenbart im Fleisch".

b. Man muß zur Leitung absolutes Vertrauen haben, sowohl örtlich, im Lande als auch international.

Man muß nicht nur in der Öffentlichkeit diese beiden Punkte erfüllen, sondern auch in der Privatsphäre. Es ist auch gefährlich, über diese zwei Punkte zu korrespondieren oder persönliche Gespräche zu führen. Später kann so etwas (in verdrehter Form) gegen einen bei einem Ausstoßungsprozeß oder bei Sprechverbot benützt werden. Ist man einmal durch die Leiter ausgestoßen, dann ist auch jeder soziale Kontakt mit den anderen Gemeindemitgliedern unterbrochen. Offenkundig, denn wer sich nicht an Punkt zwei hält (man muß absolutes Vertrauen zur Leitung haben), geht das Risiko ein, in ein soziales (und geistliches) Vakuum zu fallen.

Diese Vorgangsweise ist ein typisches Kennzeichen einer Sekte, obwohl die Norwegischen Brüder behaupten, dies wirklich nicht sein zu wollen (in der negativen Bedeutung). Menschen, die sich auf solche Weise im Stich gelassen fühlen, können in große psychische Schwierigkeiten kommen. Man fällt dann in ein großes "Loch", so daß suizidale Perioden auftreten können, die in der Praxis auch bei Einzelnen zu Selbstmordversuchen geführt haben.

Meine persönliche Erfahrung ist, daß man nicht nur seinen Wert als Christ verliert, sondern auch als 'Mensch', wenn man die beiden erwähnten Grundbedingungen nicht erfüllt. Dann ist man für sie ein rechtloser vogelfreier Mensch geworden. Es werden über einen sehr tiefgreifende Beschlüsse hinter seinem Rücken gefaßt, mit geheimen Anklagen, ohne das fundamentale Recht, auch die andere Seite zu hören. Die Einheit der Ehe wird nicht geschont. Das Recht auf das Briefgeheimnis wird verletzt. Lügen (der Leiter) werden nicht näher untersucht. Grobe Schelte und Beleidigungen von Seiten der Leiter werden ohne Weiteres gutgeheißen und sogar 'vergeistlicht', usw. Es besteht auch kein einziges Auffangnetz für derartige Situationen, auf das man sich berufen kann. Eine Art Ombudsmann oder -frau. Eine Art unparteiischer Institution. Man akzeptiert ja die anderen (eventuell unparteiischen) Christen auch überhaupt nicht. Dort herrscht ja ein anderer Geist. Die oberste Weisheit gibt es nur bei den Norwegischen Brüdern, das will sagen, bei den Leitern. Eine neutrale Entscheidung im Streitfall wird hartnäckig verweigert. Eine traurige Bilanz.

Natürlich kann ich mir gut vorstellen, daß man an meinem Beurteilungsvermögen der Fakten zweifelt. Ich bin dann auch offen für eine ganz andere Interpretation der Fakten. Schlußendlich bin ich auch nur ein Mensch mit all meinen Beschränkungen.

All das Faktenmaterial (relevante Korrespondenz und Bandaufnahmen) kann einer unparteiischen Untersuchung zur Verfügung gestellt werden. Der Ernst der Sache, die ich hier angesprochen habe, ist derart, daß es auch das Leben von Menschen betrifft.

Insgesamt ist der Preis sehr hoch, wenn man sich für die Norwegischen Brüder entscheidet. Das ist eine Realität, die man in seiner Berechnung der Kosten mit berücksichtigen muß, bevor man 'Mitglied' wird.

Ferner habe ich gesehen, daß es gut möglich ist, ein relativ glückliches (irdisches) Leben innerhalb der "Norwegischen Brüderinsel" zu verbringen. Solange man drinnen bleibt, kann man Sicherheit, Liebe, Schutz, starke soziale Bande und noch viel mehr phantastisch gute Dinge genießen. Aber man muß dann wohl den Preis bezahlen, ein Stück der eigenen Identität und Denk- und Äußerungsfreiheit endgültig aufzugeben.

Es bereitet mir natürlich viel Kummer, etwas über diese Erfahrungen zu schreiben, aber ich hoffe hiermit zu einer positiven Veränderung bei den Norwegischen Brüdern beizutragen, und dies ist als ein Stück ehrliche Aufklärung gemeint, die man innerhalb dieses Kreises nicht bekommen kann. Außerdem kann man in lebensgefährliche Situationen kommen, wenn man bei der Leitung in Ungnade fällt. Auch dem hoffe ich damit zuvorzukommen.

Leo J. Pape 15. Mai 2001