"Forløsning" Nr. 10, Oktober 1996, 2. Jahrgang:

Joseph Wilting, ehemaliger Zeuge Jehovas und Buchautor:

So erlebte ich die Smiths Freunde !

Joseph und Jellie Wilting verließen die Zeugen Jehovas nach 40 Jahren aktivem Dienst. Der Kontakt mit den Smiths Freunden half ihnen nach dem Bruch. In diesem Interview berichtet Joseph Wilting offen über das Jahr bei den "Freunden" sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht und warum sie sich dann doch wieder distanzierten.

-Wir waren gerade von den Zeugen Jehovas ausgetreten, als wir mit den Smiths Freunden in Brevik in Kontakt kamen. Wir waren von ihre Liebe und Zuwendung überwältigt ...

Joseph Wilting hat viele gute Erinnerungen von 1987-88, als er und seine Frau zu den Treffen der Smiths Freunde gingen. Er zweifelt nicht daran, daß die ihnen gewährte Zuwendung den komplizierten Prozeß erleichterte, den sie begonnen hatten: den Weg von den Doktrinen der Wachtturmgesellschaft zu gesundem evangelischem Christentum.

- Es gab so viel, was wir nicht gewohnt waren: z.B. die Hilfsbereitschaft. Wenn wir Hilfe im Garten benötigten, tauchte eine Truppe junger Brüder auf und arbeitete freiwillig. Sie schenkten uns ihre Zeit. Dies tut man nicht bei den Zeugen Jehovas. Hier arbeitet man für niemanden anderen freiwillig als für die Wachtturmgesellschaft.

Gefühl von Zusammengehörigkeit

- Auch die Treffen bei den Smiths Freunden waren ein Erlebnis. Der gemeinsame Gesang war phantastisch. Es geschah oft, daß ich mit Tränen in den Augen dasaß, wenn wir sangen. Ich fühlte, als ob wir in den Himmel gekommen wären.

- Einmal erlebten wir, daß eine Schwester, die singen sollte, uns das Lied widmete. "Dieses Lied will ich für Joseph und Jellie singen", sagte sie. Das erwärmte uns sehr.

- Der Zusammenhalt, das Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft, all dies bedeutete so viel für uns in dieser Zeit. Ich erinnere mich besonders, als wir alle gemeinsam in Brunstad beteten. Das war ein sehr starkes Erlebnis. Denk daran, daß wir zu dieser großen Schar von gottesfürchtigen Menschen gehörten, die zu Gott riefen. Wir fühlten, daß wir eine geistige Heimat gefunden hatten

Joseph und seine Frau hatten sich entschlossen, den Smiths Freunden beizutreten. Jellie hatte sogar damit begonnen, sich eine solche Frisur zuzulegen, wie sie die Schwestern benützen. Aber dann geschah etwas, das sie stutzig machte.

Ein Sprung im Bild

- Da wir wußten, daß die Taufe bei der Wachtturmgesellschaft nicht biblisch war, wollten wir uns bei den Smiths Freunden taufen lassen. Aber der Vorsteher vermittelte uns den Eindruck, das mit der Taufe sei nicht so wichtig. Wir entdeckten auch, daß einige aktive erwachsene Gemeindemitglieder nicht getauft waren. War nun die Taufe unwesentlich oder waren wir nicht genügend "erlöst"? War mehr notwendig, als Jesus als seinen Erlöser und Herrn aufgenommen zu haben?

Joseph Wilting verweist auf die Geschichte von Philippus und dem äthiopischen Kämmerer. Er wurde sofort getauft, nachdem er das Evangelium entgegengenommen hatte. So wie Wilting es sieht, ist der Glaube an Jesus die einzige Voraussetzung für die Taufe. Man muß nicht ein Stück des Weges weit gekommen sein. Aber wenn der Glaube da ist, dann soll man auch getauft werden.

Gemeinsame Züge mit den Zeugen Jehovas

- Später gab es mehr, was das Ehepaar Wilting stutzig machte.

- Wir entdeckten die starke Konzentration auf Äußerlichkeiten. Nicht, daß man darüber so viel redete. Es waren eher die Blicke.

Zu Beginn war die kollektive Ansicht bezüglich Äußerlichkeiten für Joseph und Jellie eine Hilfe gewesen. Es war nicht schwierig zu akzeptieren, daß niemand eine Bart hatte. So war es ja auch bei den Zeugen Jehovas gewesen. Aber später wurde diese Ähnlichkeit zu einem Problem. Und sie entdeckten mehrere gemeinsame Züge:

- Ich durfte mit Gottes Gnade anderen aus den Zeugen Jehovas zur Hilfe kommen. Und ich erlebte, daß das einfache Evangelium über Jesus Tod und Auferstehung sie befreite.

Aber bei den Smiths Freunden wurden diese Menschen nicht als wahre Christen anerkannt. Sie wurden "Hurenchristen" genannt, weil sie in andere Versammlungen gingen.

- Ich erlebte die Haltung gegenüber anderen Gläubigen als verdammend. Mehrmals fragte ich die Leiter, was sie von anderen Christen hielten. Aber es war so schwierig, eine klare Antwort zu bekommen. Die Antwort erhielt ich schließlich von Sigurd Bratlie. Als ich ihn fragte, ob andere Christen zur "Braut" gehören könnten, sagte er: "Sehr selten!"

Das war eine klare Sprache, und das schmerzte Joseph Wilting. Er hatte nämlich geistliche Gemeinschaft mit Christen außerhalb der Smiths Freunde erlebt. Dem hatte er auch in seinen Zeugnissen Ausdruck gegeben.

- Ich verhehlte nie, daß ich auch in andere Versammlungen ging. Andere Christen beschäftigten sich nie damit, wohin wir gingen, wenn wir nur unter Menschen waren, die Jesus liebten und die uns etwas für unser geistliches Leben geben konnten. Bei den Smiths Freunden war es hingegen die "Art der Versammlung", die so viel bedeutete.

Lehrunterschiede

Später hat Wilting verstanden, daß die Lehrunterschiede zwischen den Smiths Freunden und der übrigen Christenheit die Hauptursache für diese Haltung waren. In dieser Frage ist er zu einem persönlichen Standpunkt gelangt und ist seinerseits überzeugt, was die Glaubensgrundlage ist.

- Jesu Tod und Auferstehung sind die Hauptsache im Evangelium. Dies geht deutlich aus dem Neuen Testament hervor, z.B. in 1 Kor 15, 1-4 und Gal 1,4. Dies ist die "Achse", um die sich alles dreht. Jede Ansprache oder Predigt, die nicht deutlich auf der Versöhnung durch Christus aufgebaut ist, möchte ich schlecht nennen.

Wilting präzisiert, daß er nicht an den Geboten Gottes zu rütteln wünscht.

- Ich bin oft in moralischen Fragen mit den Zeugen Jehovas und den Smiths Freunden einig. Es ist richtig, in Übereinstimmung mit den Worten der Bibel zu leben, sich z.B. sittsam zu kleiden. Aber das sind Früchte des Wirkens des Geistes in uns und dürfen nicht den Platz von Christi vollbrachtem Erlösungswerk einnehmen. Wir dürfen einander auch nicht die Freiheit in solchen Fragen nehmen. Da verhindern wir das erzieherische Wirken des Geistes, sagt Joseph Wilting.

Die Lösung für das Ehepaar Wilting

Es gehört mit zur Geschichte, daß Joseph und Jellie später in einer Pfingstgemeinde getauft wurden und sich dieser anschlossen. "Da hätten sie ebenso gut auch zu den Zeugen Jehovas zurückgehen können", sagte jemand. Aber das Ehepaar Wilting erhielt durch ihre Entscheidung Frieden und sie fanden sich nach und nach in den neuen Zusammenhängen zurecht. Nicht so zu verstehen, daß alles richtig und gut war, weder in der Pfingstbewegung noch anderswo. Aber Wilting findet in seiner Bibel, daß Jesus sich zu seiner Gemeinde bekannte, trotz deren viele Fehler und Mängel. Da konnten er und Jellie nicht abseits stehen.

Heute wohnt das Ehepaar Wilting in Hokksund und ist voll für seine ehemaligen Glaubensgenossen bei den Zeugen Jehovas engagiert. Durch die Stiftung "Leben in Freiheit" arbeiten sie dafür, sowohl diesen als auch Mitgliedern anderer autoritärer Sekten den Weg zu Jesus zu zeigen. Die Stiftung gibt mehrmals im Jahr ein umfangreiches Bulletin heraus. Sie gibt auch andere einschlägige Literatur heraus, am bekanntesten ist wohl das Buch, das Joseph Wilting selbst geschrieben hat: "Das Reich, das nicht kam".

Es ist nicht schwierig, Joseph und Jellie Wilting Gottes reichen Segen bei ihrer Arbeit zu wünschen. Sie benötigen Fürbitten, zu allererst, daß Jesus Christus der Mittelpunkt in ihrer Tätigkeit bleiben möge.

Alf Gjøsund


Debatte über die Lehrgrundlage der Smiths Freunde

Die unausweichliche Debatte über die Lehrsätze der Smiths Freunde hat also begonnen. Sie wurde bisher in der christlichen Tageszeitung Dagen geführt, und von mehreren Seiten hört man, daß sie mit großem Interesse verfolgt wird, sowohl inner- als auch außerhalb der Bewegung.

Wir halten fest, daß die Smiths Freunde selbst diese Diskussion vom Zaun brachen, indem sie sich als protestantische Glaubensgemeinschaft ohne nennenswerte Abweichungen in der Theologie präsentierten. Die Debatte geht vorläufig darum, wo die Smith Freunde im Verhältnis zu Luther und dem Protestantismus stehen.

Unser Ausgangspunkt ist der Wunsch, die Menschen in der Bewegung mögen ihr Herz für das alte wohlerprobte Evangelium von Christi Erlösungswerk öffnen, so wie es seit bald 2000 Jahren gelautet hat.

"Forløsning" Nr. 6/7, Juni/Juli 1998, 4. Jahrgang:

Christi Person, Verkündigung und Erlösungswerk

Was meinen die Smiths Freunde?

Aus den Schriften der Smiths Freunde geht nicht eindeutig hervor, was die Bewegung über diese Frage meint. Sigurd Bratlie hat mehrmals Bedenken gegen die Lehre, Jesus sei "wahrer Gott und wahrer Mensch" geäußert, und sagte u. a. daß "das nicht angehe" (So eine große Erlösung, Seite 9). Bratlie meint jedoch, daß der Ausdruck insofern berechtigt sei, als Jesus den Geist des Sohnes hatte. Verfolgt man dies konsequent, so muß dies bedeuten, daß alle Menschen mit dem "Geist des Sohnes" "wahrer Gott und wahrer Mensch" sind. Ungeachtet dessen, was die Leiter der Smiths Freunde gemeint haben, ist es klar, daß Jesus [ihrer Meinung nach] unmöglich Gott gewesen sein kann - und gleichzeitig ein Mensch mit einer unreinen Natur.

Alf Gjøsund

Anmerkung des Übersetzers: Die Smiths Freunde erzählen derzeit überall herum, sie seien "ganz normale lutherische Christen". Dies ist jedoch nach dem oben angeführten Zeugnis nicht der Fall. Ihre theologische Selbstdarstellung ist also eigentlich geistlicher Betrug.

Friedrich Griess