"Forløsning", Nr. 2 - Februar 1998 - 4. Jg.

Smith Freunde im Internet - ohne die Lehre über Jesu Fleisch!

- Was vertreten diese Smiths Freunde eigentlich?

Bisher war es "Forløsning", die auf die Fragen zahlreicher an Religion interessierter Benützer des populären Datennetzwerkes Internet antworten mußte.

Nun wollen die Smiths Freunde selbst antworten und haben eigene Seiten im Internet eröffnet. Hier kann der PC-Benützer vor- und zurück-"surfen" zwischen farbigen Bildern und kurzen Abschnitten, welche die verschiedenen Seiten der Tätigkeit, Geschichte und Theologie der Glaubensgemeinschaft darstellen.

Verkündigung und Lehre

"Wir sind eine evangelische Freigemeinde mit biblischer Grundlage ...", ist das erste, was wir lesen, nachdem wir die Netzadresse www.brunstad.org eingegeben haben. Ein Klick, und wir erhalten ausführlich erklärt, was das bedeutet. Im Kapitel Verkündigung und Lehre beschreiben die Smiths Freunde ihren Glauben. Außer daß sie auf die Bibel bauen, glauben sie an den allmächtigen Gott, seinen Sohn und den Heiligen Geist. Ob diese zusammen einen dreieinigen Gott bilden, wird nicht gesagt. Hingegen wird der Glaube an die Jungfrauengeburt und an Jesu Auferstehung von den Toten bekannt.

Weiters erklärt die Netzseite, daß die Smiths Freunde an die Vergebung der Sünden ohne Werke durch den Glauben an Jesu Tod am Kreuz glauben. Ein schönes Kruzifix stellt Assoziationen zur klassischen Versöhnungslehre her. Darüber, daß die Smiths Freunde grundlegend uneins mit der evangelischen Christenheit im Verständnis des Versöhnungswerkes und des Begriffes der Sündenvergebung sind, wird nichts erzählt. Auch nicht, daß das Thema in der Verkündigung der Smiths Freunde so gut wie nicht existiert.

Nichts über Jesu Natur

Die Glaubensgemeinschaft, die "sich mit ihrer Lehre über Jesu Fleisch außerhalb des allgemeinen Christenglaubens stellt" (Prof. C. Fr. Wisløff), erwähnt diese Lehre nicht mit einem einzigen Wort auf ihren Internetseiten. Obwohl die Hauptsache in der Verkündigung des J. O. Smith die war, daß Jesus die gefallene Menschennatur geerbt habe, begnügen sich die Smiths Freunde damit, zu schreiben, daß Jesu Leben, Versuchungen, Kämpfe und Siege von großem Interesse und großer Bedeutung für sie sind. Eine etwas zweideutige Präzisierung darüber, daß er wie wir versucht wurde, erhalten wir wohl auch, aber hier bleibt viel Raum für Interpretationen. Daß die Smiths Freunde nicht nur meinen, daß auch Jesus versucht wurde, was alle Christen glauben, sondern daß er wie wir durch sein verderbtes Fleisch versucht wurde, muß der Leser selbst herausfinden.

Voller Sieg

Hingegen erfahren wir, daß die Smiths Freunde an den Sieg über alle bewußte Sünde glauben. Hier würden sie selbst davon profitieren, würden sie die Begriffe etwas deutlicher erklären. Der nachdenkliche Leser wird sich fragen, ob die Smiths Freunde z.B. an den Sieg über Unterlassungssünden und sündige Gedanken (Mt 25, 45) glauben, oder ob man nur an aktive Sünden denkt, die in böser Absicht getan werden. Manchmal haben Mitglieder der Smiths Freunde der letzteren Erklärung Ausdruck gegeben, und das gewaltige Bekenntnis wird sofort weniger aufseheneregend.

Bei der Beschreibung der Heiligungslehre werden übrigens undefinierte Ausdrücke benützt, die man auf mehrere Weise interpretieren kann. Man kann über "Reinigung" und "innere Verwandlung" lesen, aber wenn man die Lehre der Smiths Freunde nicht von vornherein kennt, kann man nicht wissen, daß sie den Ausdrücken ganz andere Bedeutungen zulegen, als dies evangelische Christen tun. Daß die Smiths Freunde mit "Reinigung" auf eine besondere Reinigung von der innewohnenden Sünde hinzielen, die zuerst bei Jesus geschehen sein soll, versteht sich nicht von selbst. Auch nicht, daß die Bedeutung von "innerer Verwandlung" in der Lehre der Smiths Freunde in erste Linie davon handelt, daß der Geist des Menschen stückweise lebendig gemacht wird, so daß man als eigene Person gut wird.

Christi Leib

Auf den Netzseiten der Smiths Freunde wird präzisiert, man müsse nicht zu den Smiths Freunden gehören, um ein Teil des Leibes Christi zu sein. Dies sind positive Signale, die hoffentlich auch die Freunde selbst erreichen. Wir möchten die Smiths Freunde auffordern, das was man hier sieht, auch in ihren Taten zu befolgen, z.B. dadurch, daß man jemand von diesen anderen "Teilen des Leibes Christi" Zugang zum Rednerpult in Brunstad gewährt.

Taufe und Abendmahl

Auf den Seiten erfahren wir auch ein wenig darüber, was die Smiths Freunde über Taufe und Abendmahl denken. Sie vertreten die "Taufe der Gläubigen, d.h. die Erwachsenentaufe", und halten das Abendmahl als ein "Gedächtnismahl". Dadurch könnte der Leser den Schluß ziehen, man könne die Smiths Freunde auf der Basis der "zwinglianischen Abendmahlslehre" und der "baptistischen Taufaufassung" einordnen. So ist es jedoch nicht. Während die Symbolik in diesen rituellen Handlungen im evangelischen Zusammenhang jede auf ihre Weise die menschliche Aneignung des Versöhnungswerkes Christi darstellt, ist das Verständnis der Zeremonien bei den Smiths Freunde von der Lehre geprägt, daß Jesus seine innewohnende Sünde "opferte". Auf den Tod Christi getauft zu werden bedeutet bei den Smiths Freunden, sich dem Tod zu weihen, von dem sie meinen, daß er im Fleische Jesu geschah, als er auf Erden lebte. Der Wein und das gebrochene Brot beim Abendmahl symbolisieren den gleichen Prozeß. Damit ist es eine dringende Frage, ob die Tauf- und Abendmahlslehre der Smiths Freunde überhaupt christlich genannt werden kann. Darüber wird jedoch im Internet nichts gesagt.

Keine Schande, umzukehren

Wir erwarten natürlich nicht, daß die Smiths Freunde eine theologische Abhandlung ins Internet stellen. Es ist gleichwohl auffallend, wie wenig Information über ihre lehrmäßigen Besonderheiten sie ihren Gästen im Internet gegönnt haben. Wir wundern uns darüber, daß die Smiths Freunde der Umwelt die "Geheimnisse der Gottesfürchtigkeit", die ihnen geoffenbart wurden, nicht verraten wollen. Über theologische Fragen eine abweichende Meinung zu haben, ist doch wohl nichts, worüber man sich schämen muß?

Auch nicht, umzukehren, wenn die Überzeugung nicht mehr stark genug ist, um öffentlich dafür einzustehen.

Alf Gjøsund

Erster wissenschaftlicher Rat Arild Romarheim:

- Die Leute könnten getäuscht werden!

Der wahrscheinlich kompetenteste Experte Norwegens für abweichende Religiosität, Arild Romarheim, meint, daß den Netzseiten der Smiths Freunde etwas Wesentliches mangelt, wenn sie nicht über die Ansicht der Glaubensgemeinschaft informieren, daß Jesus Sünde im Fleisch gehabt haben soll, die er tötete.

- Ich weiß nicht, ob es ein Grund ist, die Smiths Freunde in schlechten Ruf zu bringen, aber es ist eine Tatsache und da könnten Leute getäuscht werden, sagt Romarheim zu "Forløsning". - Es ist dazu geeignet, die Leute dazu zu bringen, daß sie auf den Leim gehen. Die in die Smiths Freunde hineingezogen werden, werden nach und nach eine ganz andere Wirklichkeit antreffen als jene, die ihnen im Internet präsentiert wurde, und das ist für sie sehr nachteilig.

Romarheim ist erster wissenschaftlicher Rat für Religionswissenschaft an der Theologischen Gemeindefakultät in Oslo und hat mehrere Bücher verfaßt, unter anderem das Aufklärungsbuch "Moderne Religiosität", in dem auch von den Smiths Freuden die Rede ist. "Forløsning" hat mit ihm Kontakt aufgenommen, um seine Beurteilung der Präsentation der Smiths Freunde im Internet zu erhalten.

Etwas Wesentliches fehlt

- Auf eine Weise ist es aufsehenerregend, daß die Smiths Freunde kein deutlicheres Bild ihres Glaubens zeichnen, als sie es getan haben, ist Romarheims Kommentar. Er meint, den Netzseiten der Smiths Freunde fehle etwas Wesentliches, wenn sie nicht über die Sicht der Glaubensgemeinschaft darüber informieren, Jesus habe Sünde im Fleisch gehabt, die er besiegt habe:

- Ich weiß nicht, ob es ein Grund ist, die Smiths Freunde in schlechten Ruf zu bringen, aber es ist eine Tatsache und da könnten Leute getäuscht werden Sie könnten glauben, dies sei eine normale christliche Kirchengemeinschaft, etwa wie Baptisten oder Pfingstler, antwortet er auf die Frage von "Forløsning".

Keine Unredlichkeit

Arild Romarheim möchte die Smiths Freunde nicht der Unredlichkeit anklagen. Er hat Verständnis dafür, daß es für eine Glaubensgemeinschaft schwierig sein kann, jene Teile der Botschaft vorzustellen, auf die die Leute negativ reagieren könnten. So, ist es mit den meisten von uns, meint er.

- Irgendwie verstehe ich, daß die Smiths Freunde die anstößigeren Seiten ihrer Theologie bei den ersten Präsentationen vermeiden und darüber eher nach und nach informieren wollen, wenn die Leute etwas tiefer hineingekommen sind. Einerseits können wir sie ja deshalb kritisieren, andererseits kann man das verstehen. So hätten sicher auch wir es getan. Wir gehen ja nicht hinaus und präsentieren evangelisches Christentum, indem wir mit großen Buchstaben verkünden, daß, wer nicht an Jesus glaubt, zur Hölle geht, auch wenn wir fürchten, daß es so ist. So betrachte ich es nicht als Täuschung, sondern ich glaube, daß sie in gutem Glauben handeln und meinen, dies führe die Menschen in das hinein, von dem sie glauben, daß es wahr ist., sagt Romarheim.

Warnt vor der Lehre

- Was würdest du zu einem wahrheitssuchenden Jugendlichen sagen, der zu den Seiten der Smith Freunde im Internet gefunden hat?

- Ich würde ja Junge und Ältere vor den Smiths Freunden warnen, nicht auf Grund dessen, was auf ihrer Netzseite steht, aber allgemein gesehen, antwortet Romarheim. Mit seinem lutherischen Ausgangspunkt hat er Bedenken bezüglich der Definition der Smiths Freunde von sich selbst als einer "evangelischen Freigemeinde".

- Ich würde zögern, dies eine evangelische Freigemeinde zu nennen, denn das Evangelium wird in ihrer Lehre sehr problematisiert. Sie verwerfen ja das Heil aus dem Glauben allein, so gesehen sind sie bei weitem katholisch und nicht evangelisch - ich würde sagen, traditionell katholisch in ihrer Rechtfertigungslehre.

- Hast du einen Kommentar dazu, was die Netzseiten über den Sieg über jede bewußte Sünden sagen?

- Von meinem evangelischen Standpunkt aus würde ich sagen, daß dies eine naive Menschensicht ist, die hier zum Vorschein kommt. Erstens ist es naiv, denn sie übersehen die Tiefe der Sünde in uns. Zweitens ist es naiv, zwischen bewußter und unbewußter Sünde zu unterscheiden. Zusätzlich zu schlechtem Menschenverständnis ist dies auch schlechte Theologie.

Arild Romarheim hat eingehende Kenntnisse von Glaubensrichtungen mit abweichendem theologischem Standpunkt. Im Buch "Moderne Religiosität" schreibt er, daß es beeindruckend ist, welche persönliche Echtheit, welchen Eifer und welches Engagement Anhänger solcher Richtungen an den Tag legen. Aber mitten in all seinem Kampf und Eifer kann man getäuscht werden, sagt Romarheim.

- Es gibt keinen Bereich, wo man sich so leicht selbst täuschen kann, wie wenn es Religion und Geistlichkeit betrifft. Z. B. kann Sünde sich in "geistliches" Wachstum und Entwicklung kleiden. Aber dieses "geistliche Wachstum" kann tatsächlich ein Wachsen in der eigenen Sündhaftigkeit bedeuten, denn man benützt das, was man selbst Geistlichkeit nennt, um andere Menschen zu überfahren. Denk nur an die Pharisäer zur Zeit Jesu. Gerade dann, wenn man glaubt, man sei am geistlichsten, kann man am sündigsten sein, sagt Romarheim und mahnt zu Demut, wenn man seinen eigenen geistlichen Standpunkt bertrachtet.

Christliche Geschwister

Trotz der Einwände gegen ihre Lehre betrachtet Romarheim die Smiths Freunde als christliche Brüder und Schwestern.

- Eine Sache ist es, darüber zu diskutieren, was gesundes und evangelisches Christentum ist, eine andere, wen man Christ nennen kann. Ich operiere in der letzten Frage mit sehr großem Spielraum. Ich möchte das herunterspielen, indem ich sage, daß alle, die Jesus als ihren Herrn und Gott anbeten, Christen sind, und das tun ja auch die Smiths Freunde.

Anmerkung des Übersetzers: Alf Gjøsund war Mitglied der Smith Freunde und trat als junger Mensch aus. Seine norwegische Zweimonats-Zeitschrift "Forløsning" ("Erlösung") ist gratis erhältlich, auch im Internet: http://home.sol.no/~agjosund/, seine E-Mail-Adresse ist agjosund@online.no. - Es wundert mich, daß Arild Romarheim angesichts der weitgehenden Annäherung zwischen lutherischem und katholischem Rechtfertigungsverständnis immer noch gravierende Unterschiede sieht. Friedrich Griess