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5. 1. 2005 23:30 Uhr
Buchbesprechung

Rückt die Dinge zurecht

Kåre Smith schüttet kaltes Wasser in das Blut jener, die glaubten, die Smiths Freunde näherten sich anderen Christen.

Von Alf Gjøsund

Die Zeit ist zu Ende, in der die Bücher aus dem Verlag "Verborgene Schätze" braun und den Bücherregalen in den eigenen Versammlungen der Smiths Freunde vorbehalten waren. Nun werden die Zeitungsspalten ständig mit neuem Stoff über die "Freunde" gefüllt, und alle wissen, wer die sind. Es war daher sehr spannend, als bekannt wurde, daß der oberste Leiter Kåre Johan Smith an einem Buch arbeitete, das ein "offenherziger Rückblick auf die Umstände und die Menschen" sein sollte, "die daran beteiligt waren, ihn selbst und die Gemeinde zu formen". Welchem Kåre Smith würden wir im Buch begegnen? Einem Leiter, der die Dinge mit Namen nannte - so wir wir Bratlie, Aslaksen und den älteren Smith kennen - oder einen, den die Medienaufmerksamkeit vorsichtig und abwägend gemacht hat?

Nun ist das Buch erschienen und unsere hauptsächliche Schlußfolgerung ist, daß Kåre Smith auf mehrere Weise die Dinge zurechtrückt. Hier gibt es keine Versicherungen bezüglich eines Platzes der Smiths Freunde in der christlichen Flora "und Familie". Ganz im Gegenteil enttäuscht er alle, die geglaubt haben, die Smiths Freunde näherten sich den anderen Christen an. Smiths Buch wird in erster Linie von einer sehr scharfen Abrechnung mit Meinungsgegnern geprägt, ob sie sich nun allgemein unter den Christen oder unter ehemaligen Mitgliedern befinden.

Abrechnung mit den Lebensregeln

Das Buch hat sechs Teile, aber kann nach der Meinung des Unterfertigten in drei Hauptteile eingeteilt werden. Der erste Teil handelt von Smiths Aufwachsen und ist offenbar der Hintergrund seiner Abrechnung mit dem traditionellen Lebensstil der Smiths Freunde. Der junge Kåre Smith befand sich in Opposition zu jenen Leitern, die detaillierte Lebensregeln verteidigten und sie zu einer Hauptsache der Verkündigung machten. Er nennt sie "Betrüger" und "Unteroffiziere" und berichtet, daß sie über das schöne Reich seiner Kindheit dunkle Schatten warfen.

Smith trifft mehrmals bei der Behandlung dieser Themen den Nagel auf den Kopf. Viele, einschließlich mir, werden sich in den Episoden, die er beschreibt, wieder erkennen und mit seinen Schlußfolgerungen einig sein. Meine früher ausgesprochene Hoffnung bezüglich Offenheit über Aslaksens und Sigurd Bratlies Ansichten über Fernsehen und Kleidung (siehe den Artikel "Smiths große Chance" ) wurde jedoch offenbar zuschanden. Kåre Smith zufolge hatte Aslaksen niemals gewünscht, daß jemand seine konkreten Ratschläge als verpflichtend ansehen sollte, außerdem sei er der Tatsache, daß jemand dies tatsächlich tat, gleichgültig gegenüber gestanden. Sigurd Bratlie soll seinerseits Smith die Erlaubnis gegeben haben, Ansichten über Fragen zu ändern, die nicht ausdrücklich in der Bibel standen.

Wenn das stimmt, dann wirft das Fragen auf, mit denen zu leben für viele Leser vermutlich schwierig sein wird. Kann Aslaksen wirklich ein so bewußtloses und beinahe zynisches Verhältnis zu seiner eigenen Autorität gehabt haben? Und wenn Bratlie gemeint haben soll, daß er bei seinen Ratschlägen nicht ausdrücklich auf biblischem Grund stehe - warum wurden dann Fernsehen und Kleidung überhaupt Gegenstand so bestimmter Direktiven? Und wenn die neue Linie für Bratlie unproblematisch gewesen wäre - warum wurde das nicht allgemein bekannt, bevor Kåre Smith in der Praxis Weltleiter geworden war?

Ich habe persönlich viel Sinn für Smiths Änderungen auf diesen Gebieten und verstehe seinen Bedarf dafür, seinen Ansichten historische Legitimität zu verleihen. Ich glaube jedoch, es wäre richtig, auch hier die Dinge beim Namen zu nennen.

Eine andere Frage stellten wir im Vorhinein: Werden wir im Buch dem Menschen Kåre Smith begegnen - mit den Fehlern und Mängeln, die er haben mag? Das ist nicht der Fall. Manche mögen das Fehlen von Zugeständnissen merkwürdig finden, aber auch dafür muß man Verständnis haben. Smith ist hier gebunden. Die Lehre vom Sieg über die Sünde und der unfaßbar hohe Status des Leiters der Smiths Freunde scheinen eine selbstprüfende Offenheit unmöglich zu machen.

Widerstand

Die Kapitel über den Widerstand gegen die Smiths Freunde sind sehr interessant. Hier geht Smith das durch, was bei der Spaltung in den Neunzigerjahren geschah. Dies ist, soweit ich sehen kann, der am meisten detaillierte Bericht über den Prozeß bis zur Spaltung. Es ist sehr interessant zu sehen, wie Smith die Spaltung teilweise mit ideologischer Uneinigkeit erklärt: Leif Olstad sei zu gesetzlich gewesen und Ole Kristiansen habe ein "botschaftsloses Evangelium" gehabt. Olaf Bekkevold sei in erster Linie einfältig gewesen und habe nicht die Fähigkeit gehabt, die Geister zu prüfen. Wenn man auch über die Personcharakteristiken und einige Einzelereignisse diskutieren kann, bestätigen die Hauptlinien doch die Auffassung von der Spaltung, die ich selbst durch Interviews mit einer Reihe von Personen erhielt, die direkt in die Ereignisse verwickelt waren. Daß Smith es unterläßt, nennenswert auf die Anklagen einzugehen, die gegen ihn selbst gerichtet wurden, ist verständlich. Dieser Aspekt wurde ja von der Gegenseite in verschiedenen Medienveröffentlichungen wahrgenmmen. Mir scheint es in erster Linie bedenklich, daß ein Leiter in solchem Maße einen Leiterstreit vergeistigt, indem er den Widerstand gegen ihn als "Neid" und "Bosheit" erklärt. 13 Jahre nach dem Streit werden keine versöhnenden Signale ausgesandt.

Einige von Smiths Gegnern werden namentlich genannt und in sehr unvorteilhafter Weise beurteilt. Am schlimmsten fällt das Urteil über Enok Hansen aus, das einen zusammenhängenden Angriff auf seine Person darstellt. Hier wird die Person und nicht die Sache angegriffen und eine sinnlose Geschichte darüber, daß Hansen offenbar das Fahrrad mit Gangschaltung des jungen Kåre mißbilligte, bewirkt, daß der ganze Abschnitt peinlich und des obersten Leiters einer Glaubensgemeinschaft unwürdig wird. Die Geschichte über Hansen hat auch keinen sichtbaren Zusammenhang mit dem Rest des Buches.

Theologie und Dienst

Der Rest des Buches enthält Smiths Gedanken über den Dienst in der Gemeinde. Dies ist der größte Teil des Buches, enthält viele interessante Gedanken und verteidigt Smiths Stellung als Ideologe. Wohl ist dies praktische Theologie, auf die Mitglieder der Smiths Freunde zugeschnitten und ohne besondere Bedeutung für andere. Sie kam in dem Vakuum zustande, in dem die Bewegung sich befunden hat, und wird für jene, die mit dieser Art Verkündigung nicht vertraut sind, viele unverständliche Seiten haben.

Gleichzeitig enthält dieser Teil Aussagen, die für Fachkreise, welche an der Lehre der Smiths Freunde interessiert sind, sehr informativ sein werden. Wenn auch die Lehre der Bewegung über Jesu Fleisch nicht systematisch durchgenommen wird, so wird doch ausführlich bestätigt, daß die Smiths Freunde weiterhin jene Lehre vertreten, die der Unterfertigte in "Dennoch Sieg" beschrieben hat und von dem einzelne gemeint haben, es sei stark übertrieben. Es wird berichtet über Jesu Kampf auf Leben und Tod, um nicht "vom Fleisch, das er trug", angesteckt zu werden (Seite 144). Die Abrechnung mit diesem Fleisch wird sein "Sündopfer" genannt (Seite 188) und das Abendmahl wird mit demselben Opfer des Fleisches als Erklärungsrahmen interpretiert (Seite 238). Eine Kuriosität ist, daß er Ministerpräsident Bondevik auffordert, mit dem "Mobbing von seiner eigenen Priesterschaft aus" abzurechnen, der meint, die Smiths Freunde machten Jesus mit dieser Lehre sündig (Seite 71).

Gleichzeitig ist Smith ungewöhnlich kraß in seinen Angriffen auf andere Christen. Für jene von uns, die sich über die Erklärung von Sigurd J. Bratlie, Svein Kronstad und Bjørn Nilsen gefreut haben, daß die Smiths Freunde andere Christen anerkennen und sich selbst als "einen Teil der großen christlichen Familie sehen" (Bjørn Nilsen im Jahre 2001 zu NRK Telemark), ist dies traurig zu lesen. Smith benützt nicht den Ausdruck "Christen" bezüglich anderer Konfessionen, sondern "die religiöse Welt".

Einige Beispiele: "Es sind die Religiösen, die uns hassen. Sie wollen kein gottesfürchtiges Leben führen. Deshalb halten sie an der Lehre fest, unter dem Blut zu stehen und daß ihnen die Verheißungen angerechnet werden, wenn sie sterben. Im Großen und Ganzen stimmt die ganze religiöse Welt mit diesem Verständnis überein " (Seite 207 f). "Die Religiösen in ihrer Allgemeinheit verkündigen einen anderen Jesus, einen, der sich nicht erniedrigen mußte, einen, der nicht versucht wurde" (Seite 197). "Wenn Christentum das ist, was heute in den meisten Kirchen und Versammlungshäusern verkündigt wird - nämlich der Glaube an die Sündenvergebung, ohne daß du in ein neues Leben hineinkommst, und das Leben nur als geretteter Sünder fortzusetzen - da hätte auch ich kein Interesse daran gehabt. Da hätte auch ich eher die Möglichkeiten in dieser Welt benützt und um einen Streifen Licht gebetet, bevor ich stürbe" (Seite 75). Solche Aussprüche zeigen, welche enormen Mißverständnisse und Vorurteile gegenüber anderen Christen bei den Smiths Freunden herrschen, und zeigen deutlich die Notwendigkeit für Gespräche. Ob solche Gespräche in der Zeit von Kåre Smith überhaupt stattfinden können, ist nach der Herausgabe dieses Buches schwierig zu sagen. Aber dies ist kein Grund, nicht zu beten und zu hoffen.

Das Buch wird Theologen, Studenten und anderen empfohlen, die sich mit der Theologie und der Ethik der Smiths Freunde befassen wollen.

Bilder:

Smiths Buch ist in erster Linie von sehr scharfen Abrechnungen mit Meinungsgegnern geprägt. Foto: Buchumschlag.

Smiths Gedanken über den Dienst in der Gemeinde verteidigen seine Stellung als Ideologe in der Glaubensgemeinschaft. Foto: Buchumschlag.