Quelle: http://forlosning.com/vestibylen/topic.asp?TOPIC_ID=86&FORUM_ID=13&CAT_ID=2&Forum_Title=Respons&Topic_Title=Et+lukket+samfunn%3F

Aslaksen-Kultur

- Ein ehemaliger Vorsteher der Smiths Freunde meinte, eine "Aslaksen-Kultur" habe sich in großen Teilen der Glaubensgemeinschaft geltend gemacht. Diese ging recht und schlecht darauf hinaus, daß man anderen Glaubenden gegenüber unhöflich sein konnte.


Eine geschlossene Gesellschaft?

Frank R. Villand:

11.05.01

Mir scheint es gut zu sein, daß Forløsning Dinge aufs Tapet bringt, die Christen betreffen. Nachdem ich die Korrespondenz bezüglich "Ich habe erklärt, wer du bist" gelesen habe, meine ich, daß die Smiths Freunde eine Reformation benötigen, falls Sigurd J. Bratlie ein vollwertiger Vertreter der Glaubensgemeinschaft sein sollte.

MfG
Frank


Redaktion:

20.05.01

Hallo,

Ich interpretiere das so, daß du die Frage stellst, ob der Ton von Bratlies Beitrag allgemein repräsentativ für die Smiths Freunde ist. Das ist eine sehr interessante Frage.

Ich glaube, Bratlies Haltung ist eine Folge einer alten Oppositionstradition in der Dissenterbewegung. Die vielen Freigemeinden, die zum Ende des 19. und zum Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden, rekrutierten Leiter und Mitglieder aus dem Arbeitermilieu und der unteren Mittelklasse. Deren Verhältnis zur Staatskirche und zu anderen Obrigkeiten wurde nicht wenig von Aufruhr gegen und Verachtung für die intellektuelle Elite geprägt. Ja wollten denn Priester glauben, sie hätten bessere Voraussetzungen für die Interpretation der Schrift als gewöhnliche Laien?

Persönlich scheint mir in dieser Tradition, die in einigen Milieus bis heute überlebt hat, etwas Frisches und Derbes zu liegen. Ich kann immer noch Laienverkündiger mit ausgewählten ironischen spitzfindigen Formulierungen sich über die Theologen lustig machen hören, die es trotz (lies: wegen) all ihrer Kenntnisse schaffen, die einfache Botschaft der Bibel durcheinanderzubringen. (Und ich bin darin auf viele Weise einig.)

Bei den Smiths Freunden war es besonders der Weltleiter von 1943 bis 1976, Elias Aslaksen, der in bestem Aage Samuelsen-Stil auf alles losschlug, was er bei Predigerkollegen und theologischen Gegnern in anderen Glaubensgemeinschaften als Eitelkeit und "Großartigkeit" erlebte. Als ich aufwuchs, war es Unterhaltung bester Art, Geschichten zu hören, wie Leiter der Smiths Freunde - besonders der erwähnte Aslaksen - mit verbalen Volltreffern den Mund von Leitern anderer Glaubensgemeinschaften stopften.

Ein ehemaliger Vorsteher der Smiths Freunde meinte, eine "Aslaksen-Kultur" habe sich in großen Teilen der Glaubensgemeinschaft geltend gemacht. Diese ging recht und schlecht darauf hinaus, daß man anderen Glaubenden gegenüber unhöflich sein konnte. Selbst habe ich mehrere Beispiele erlebt, wie wir in unserem Jugendmilieu andere Glaubende verspotten konnten, gut unterstützt von den Leitern der Jugendschar. Aber laß mich betonen, daß bei weitem nicht alle von dieser Art begeistert waren, über andere und (ab und zu) zu anderen zu reden.

Laß mich nicht zu weit darin gehen, Bratlies Motive, so zu korrespondieren wie er es tut, zu interpretieren. Aber persönlich glaube ich, daß an der vom ehemaligen Vorsteher so genannten "Aslaksen-Kultur" etwas dran ist. Psychologisch kann man diese vielleicht als eine Unabhängigkeitsmarkierung erklären, eine Art sich auszudrücken, daß "ich dich nicht brauche und mir daher erlauben kann, etwas unhöflich zu sein". Ich kann mir denken, daß, je geschlossener ein Milieu ist, dieses Gefühl der Unabhängigkeit umso größer ist. Da man auf viele Weise nicht für andere als für jene verantwortlich sein muß, die drinnen sind, kann man gegenüber jenen, die draußen sind, weniger vorsichtig sein.

Ob man dies als eine Entschuldigung für den Ton gebrauchen kann, den Bratlie benützt, weiß ich nicht. Dennoch ist dies ein Lichtblick. Ich hatte später Kontakt zu einer Anzahl von Mitgliedern der Smiths Freunde, die beklagten, daß ihr Leiter solche Worte benützt.

Einige Umstände machen es jedoch den Mitgliedern sehr schwer, gegen Bratlies Art zu protestieren. Bei den Smiths Freunden legt die Verkündigung nämlich großen Wert auf die Heiligung und den Sieg über die Sünde. Es ist üblich, eine leitende Stellung als ein Ergebnis großen Fortschrittes in der Heiligung zu sehen. Wie weit man in der Heiligung vorangekommen sein muß, wenn man sich an der Spitze der einzigen Glaubensgemeinschaft befindet, die wirklich die Botschaft der Bibel über die Heiligung verkündet, kann man sich nur denken. Es ist nicht leicht, die Urteilskraft eines solchen Leiters in Frage zu stellen.

Umso aufmunternder ist es, daß ein Teil dies tut, wenn auch vorläufig nicht so laut.

Du erwähnst den Bedarf an Reformation. Die meisten Kirchengemeinschaften erleben dies auf die eine oder andere Weise, wenn der Bedarf groß genug wird. Davon zeugt die Geschichte.


Frank R. Villand:

21.05.01

Ein erhellender Beitrag! Hier gibt es Raum für jeden, die Absicht der Redaktion mit der Zeitschrift zu verstehen.

Ein paar Gedanken dazu:

- Die Gestalten der Väter können etwas für sich haben, aber sie können niemals die Anweisungen der Bibel bezüglich der Frage ersetzen oder ergänzen, wie man sich in der Gemeinde Gottes zu verhalten hat. Und wie wir wissen, soll das Größte unter den Mitgliedern der Gemeinde den anderen dienen.

- Was bedeutet das? ... die einzige Glaubensgemeinschaft, die wirklich die Botschaft der Bibel über die Heiligung verkündet ...

Frank


Redaktion:

22.05.01

Zitat.

- Was bedeutet das? ... die einzige Glaubensgemeinschaft, die wirklich die Botschaft der Bibel über die Heiligung verkündet ...

Im vergangenen Jahr schrieb die Leitung der Smiths Freunde auf ihren internen Netzseiten: "Es gibt niemanden außerhalb der Gemeinde, der Licht und Verständnis dafür hat, Gottes Evangelium heute zu verkünden."

Beim Sommertreffen kurz darauf sagte der Leiter Kåre Smith: "Es ist der Glaube daran, daß das Wort getan werden muß, der uns von der religiösen Welt trennt."

Ich weise mit anderen Worten auf das eigene Selbstverständnis der Smiths Freunde hin, daß sie die einzigen seien, die das Evangelium haben - das will für sie sagen, die Botschaft des Neuen Bundes über die Heiligung.

(Es ist weit verbreitet, die Sündenvergebung das "Evangelium" zu nennen. Hier weist man darauf hin, daß man diese ja auch im Alten Testament erlangen konnte.)

Wenn ich hier etwa mißverstanden habe, dann sähe ich gerne, daß jemand von den S.F. mich korrigiert!


Johan Velten

23.05.01

Ich kann die Pointe bezüglich der "Aslaksen-Kultur" sehen. In meinen jungen Jahren (der ersten Hälfte der Sechzigerjahre) war Elias Aslaksen die Hauptattraktion der Mittwochstreffen in Oslo. Mit seiner Ausstrahlung und rednerischer Begabung konnte er im Saal eine unglaubliche Stimmung erzeugen. Die Pfingstler in Philadelphia auf der gegenüberliegenden Straßenseite waren ein beliebtes Opfer seiner sarkastischen Rhetorik, die unterhaltend war und auch zum kollektiven Selbstbewußtsein beitrug. Das waren auferbauende Treffen!

Aber Elias Aslaksen war nicht der Anfang des kollektiven Größenwahns. Nach meinem Verständnis lernte er dies von seinem geistlichen Leiter. In den "Verborgenen Schätzen" vom April 1930 können wir Johan O. Smiths Brief an den Leiter der Pfingstbewegung T.B. Barratt lesen:

Pastor B(arratt) ist in unserem Land ein großer Mann geworden, und seine Zeitung kann wohl das Gemüt unerleuchteter Menschen in Bewegung setzen, so daß es scheinbar so aussehen kann, als ob es für ihn ein Leichtes wäre, unsere kleine Schar und unsere geringe Arbeit zu zerbrechen. Dazu soll er wohl die Erlaubnis bekommen, wenn er es nur schafft; denn wir lieben die Wahrheit und das Recht, auch wenn es von Pastor B. kommt.

[....] Sie sind ja Lehrer, also belehrt uns nun. [....] Sie haben willige Schüler an Ihrer Seite, und wir wollen Ihnen gerne Recht geben. [....] Erklären Sie es ihnen genau, denn wir sind sehr interessiert! [....] Seien Sie so freundlich, klar und verständlich zu antworten! [....] Seien Sie so freundlich, uns von Ihm zu erzählen, der in den Tagen seines Fleisches von den Sündern getrennt und über die Himmel erhoben war. [....] Es kommt mir so vor, daß Pastor B. Schwierigkeiten hat, den "Leib des Fleisches" vom "Leib der Sünde" zu unterscheiden. [....] Storm Monsen und Barratt gerieten über diese Dinge in große Unwissenheit. Diesen Herren würde es besonders gut tun, bei der kleinen Gruppe im Sporthaus einige Bibelstunden zu nehmen und daraus zu lernen, zwischen dem Leib der Sünde, dem Leib des Fleisches und dem Leib des Todes zu unterscheiden. [....] Wenn es so ist, daß Pastor B. und seine Pfingstler ihre Heiligkeitslehre leben und praktizieren, dann wollen ich und die ganze Schar im Sporthaus augenblicklich den Vergleich mit unseren lieben Freunden vis-a-vis beenden. Sollten wir aber etwas ganz anderes entdeckt haben, dann bitte um Entschuldigung, daß wir uns fernhalten. [....] Ich kann Pastor B. berichten, daß Gott ihm niemals Verantwortung in Gebieten auferlegt hat, wo er selbst in Finsternis umhertappt. Auch wir haben gehört, was der Geist der Gemeinde sagt. Es wundert mich nur, daß die Pfingstleute in Norwegen sich von einem Mann mit solchen phantasiereichen Begriffen von Heiligkeit leiten lassen.

Die dahinterliegende Geschichte ist die, daß Smith einen Hintergrund in der Methodistenkirche hatte, in der Barratt seit 1889 ein tonangebender Priester war, bis er 1907 in die USA auswanderte. In Minneapolis kam er mit The Penticostles in Kontakt. Diese charismatische Erweckung entstand 1906 in Kalifornien und ging wie ein Lauffeuer durch die USA. Barratt wurde von dieser Erweckung mitgerissen und nach ein paar Jahren "over there" fand er heraus, daß er nach Norwegen zurückkehren wollte, um die frohe Botschaft zu verbreiten. Nach Norwegen zurückgekehrt, begann er mit eigenen Versammlungen, hauptsächlich für Bekannte aus dem Methodisten-Milieu, und eine Zeitlang hatte er engen Kontakt mit Aksel Smith und Thorleif Hansen. Barratt meinte, sie hätten viel gemeinsam und er wolle gerne mit diesen beiden begabten und energischen jungen Männern gemeinsame Sache machen, aber die Freundschaft endete. In der Februarnummer 1913 der "Verborgenen Schätze" kam J.O.S mit folgendem Gedankensplitter:

Wenn Satan unter dem Namen des Friedensfürsten kommt, klagt er über zu wenig Toleranz und leitet Verhandlungen über Allianzen ein.

Es gibt Grund anzunehmen, daß dies ein konkreter Gruß an seinen früheren Freund T.B. Barratt ist. 25 Jahre später war dessen Pfingstgemeinde zu einer großen Versammlung angewachsen, während die Smiths Freunde immer noch ein bescheidener Akteur in der religiösen Landschaft waren. Die Gemeinde jener Person, die ein bedeutender Leiter in der Methodistenkirche seiner Kindheit gewesen war und die versucht hatte, eine Zusammenarbeit zustande zu bringen, war in einem wesentlich rascheren Tempo gewachsen, in diesen 20 Jahren mindestens 10 Mal mehr als die Smiths Freunde. Daher war es vielleicht wichtig, Barratt zu berichten, daß er für ihn und seine Arbeit überhaupt keinen Respekt kannte.

Stilmäßig gibt es eine Verwandtschaft zwischen dem Johan O. Smith von 1930 und seinem Enkel Sigurd Johan Bratlie von 2001. Diese ist nur mit den Jahren noch extremer geworden. Sie wurde mehr die "Sprache der Straße". Ein gradueller, aber kein Wesensunterschied. Wie sein Großvater ist er ein großer Liebhaber der Wahrheit, wie er auch gleichzeitig in großem Maß erfährt, daß jene, denen er begegnet, die Lüge lieben. Wie ich es verstehe, erfährt er, daß fast alle anderen die Lüge der Wahrheit vorziehen. Sigurd Johan Bratlie erlebt sich selbst als eine seltene Person in seiner großen Liebe zur Wahrheit. Alle anderen lieben ja die Lüge.

Viele (ich eingeschlossen) werden Probleme haben, diese Verachtung der Mitmenschen und ihrer Redeweise mit einem guten Vertreter christlicher Werte zu verbinden.

Beste Grüße
Johan Velten